Es gebe gute Arbeitskräfte in Deutschland, so Arbeitsmarktforscher Prof. Enzo Weber. Die müssten aber in aufstrebende Bereiche, wo Transformation gewonnen werden könne.21.03.2025 | 7:26 min
Wie kommt das neue Geld nun dort an, wo es wirklich gebraucht wird? Und wie kann ein Weg aus der Rezession aussehen? Die Industrie steckt in der Krise – „und zwar in einer Erneuerungskrise“, erklärt der Arbeitsmarktforscher Professor Enzo Weber. Weber ist Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Bei ZDFheute live spricht der Experte über …
… notwendige Strukturreformen
Um die Konjunktur wieder anzukurbeln, brauche es eine klare Linie, meint Weber. „Die Unsicherheit war lange immens.“ Ohne das neue Geld, „um das klipp und klar zu sagen, wäre zeitnah eine wirtschaftliche Erholung auch überhaupt nicht absehbar“, so der Arbeitsmarktforscher. Es sei nun ein wirtschaftspolitischer Schub für eine klare Erneuerung nötig. Doch das Finanzpaket allein garantiere noch kein Wirtschaftswachstum, betont Weber. Die Industrie müsse sich dringend erneuern.
Wir brauchen jetzt ein Programm, das beispielsweise bei der staatlichen Beschaffung dafür sorgt, dass auch wirklich innovative kleine Unternehmen zum Zuge kommen, dass man auf Wettbewerb setzt.
Prof. Enzo Weber, Arbeitsmarktforscher
Zudem müssten Investitionen in die „Infrastruktur der Zukunft“ fließen, erklärt der Experte „Also nicht einfach nur breit streuen, sondern wirklich genau in die Infrastrukturen, die jetzt das Wirtschaftswachstum ermöglichen können.“ Dabei müsse auch privates Kapital gehebelt werden, da der Staat nicht alles selbst zahlen könne, so Weber.
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… die Lage auf dem Arbeitsmarkt
Derzeit finde man auf dem Arbeitsmarkt eine „paradoxe Situation“ vor, ordnet der Experte ein. „Wir sehen auch in technischen Bereichen, da sind die Leute knapp. Energie, Elektro, Maschinenbau und so weiter. Gleichzeitig steigt aber in diesen Bereichen die Arbeitslosigkeit.“ Auch der Arbeitsmarkt müsse sich klar erneuern.
Wir haben nämlich die guten Leute, auch die technisch was können, aber die müssen auch an die Stellen in die aufstrebenden Bereiche, wo wir Transformation gewinnen können.
Prof. Enzo Weber, Arbeitsmarktforscher
Arbeitnehmer müssten systematisch weiterentwickelt werden, meint Weber. „Und das heißt, Pakete schnüren aus Beratung, aus Qualifizierung, aus Vermittlung und vielleicht auch aus einer zeitweisen Entgeltsicherung, wenn das Lohngefälle kurzfristig zu hoch ist.“ An den Kosten sollten sich dabei auch die Firmen beteiligen, fordert der Arbeitsmarktforscher. In vielen Bereichen seien keine anderen Berufe oder Grundqualifikationen gefragt, sondern vielmehr andere Anwendungen, so der Experte.
Genau dafür müssen wir gezielt qualifizieren.
Prof. Enzo Weber, Arbeitsmarktforscher
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… das Potenzial ausländischer Fachkräfte
Dass mittlerweile 30 Prozent der Studienanfänger aus dem Ausland kommen, sei ein Lichtblick, betont der Arbeitsmarktforscher. „Das sind dann am Ende Menschen, die haben sich schon mal für Deutschland entschieden. Die können Deutsch, wenn wir es gut anstellen, die haben einen hochqualifizierten deutschen Abschluss, oft auch im technischen Bereich.“
Das ist in der Tat eine Goldquelle.
Prof. Enzo Weber, Arbeitsmarktforscher
Daher seien auch Investitionen in entsprechende Förderprogramme nötig, fordert Weber. Das Studium zu bezahlen sei vergleichsweise günstig, blicke man auf die Wertschöpfung, die hochqualifizierte Arbeitskräfte schaffen können.
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… die Erwerbstätigkeit von Frauen
Im Durchschnitt sei die Qualifikation der Frauen besser als die der Männer, erklärt der Experte. In der Regel bringe dann aber die Mutterschaft einen Knick bei der Arbeitszeit und der beruflichen Entwicklung mit sich.
Wir müssen dafür sorgen, dass berufliche Entwicklung und berufliches Potenzial weiter abgerufen werden kann.
Prof. Enzo Weber, Arbeitsmarktforscher
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Ein weiteres wichtiges Instrument könnte laut Weber auch die Wahlarbeitszeit sein.
Das heißt, flexible, individuelle Arbeitszeitmodelle. Nicht fünf Tage für alle, nicht vier Tage, sondern die x-Tage-Woche.
Prof. Enzo Weber, Arbeitsmarktforscher
Ein weiterer wichtiger Hebel sei zudem die Kinderbetreuung. Mehr Betreuungsangebote könnten dafür sorgen, „dass man nach vorne geht und seine eigenen Potenziale auch abruft und dann partnerschaftlich eine Aufgabenteilung in Angriff nimmt“.
Quelle: dpa
Quelle: ZDF