Mit Urteil vom 22. März 2024 (Az. I ZR 88/23) hat der Bundesgerichtshof unter anderem zum monatlichen Einzahlungslimit von 1.000 Euro Stellung genommen.
Bislang bestand Uneinigkeit darüber, ob spielerschützende Regelungen – wie etwa das Einzahlungslimit – als Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB zu bewerten sind und ob ein Verstoß gegen solche Vorschriften zur Unwirksamkeit von Glücksspielverträgen führen kann.
Rechtliche Situation bis zum 30. Juni 2021
Der BGH macht in seiner Entscheidung deutlich, dass § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 als Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB anzusehen ist.
„a) Die Beklagte hat gegen § 4 Abs. 1, 4 und 5 sowie § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen. Diese unionsrechtskonformen Regelungen stellen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB dar.“
(BGH, Urteil vom 22.03.2024, Az. I ZR 88/23)
Somit ist das in § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 geregelte Einzahlungslimit als Maßnahme zum Schutz der Spieler zu verstehen. Die bislang verbreitete gegenteilige Sichtweise aus Kreisen der Glücksspielbranche ist damit nicht mehr haltbar.
„Das gesetzliche Verbot beschränkt sich nicht lediglich auf eine bestimmte Ausgestaltung des Geschäfts, sondern soll in erster Linie die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Schäden verhindern, die aus Glücksspieltätigkeiten resultieren können.“
(BGH, Urteil vom 22.03.2024, Az. I ZR 88/23)
Darüber hinaus betont der BGH, dass das Einsatzlimit nicht nur vor externen Risiken, sondern auch zum Schutz des Spielers „vor sich selbst“ dient.
„Dass auch bei erlaubtem Glücksspiel ein Verlustrisiko besteht, welches dem Spieler bekannt sein muss, spricht nicht gegen dessen Schutzbedürftigkeit. Das Verbot bezweckt ebenfalls, spielsuchtgefährdete Personen vor sich selbst zu bewahren. Angesichts der besonderen Anziehungskraft von Glücksspielen und der geringen Hemmschwelle beim Online-Glücksspiel soll verhindert werden, dass Betroffene ohne regulatorische Kontrolle hohe Verluste erleiden.“
(BGH, Urteil vom 22.03.2024, Az. I ZR 88/23)
Ferner stellt das Gericht klar, dass ein Verstoß gegen § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 zur Nichtigkeit der geschlossenen Glücksspielverträge führen kann:
„Ein gesetzeswidriges Sportwettenangebot der Beklagten dürfte die Ungültigkeit der mit dem Kläger geschlossenen Verträge zur Folge haben. Nur durch die zivilrechtliche Konsequenz der Nichtigkeit lässt sich der Schutzzweck des Verbotsgesetzes vollständig realisieren.“
Die Entscheidung verweist zudem auf ältere Urteile, in denen Verstöße gegen behördliche Auflagen nicht automatisch zur Vertragsnichtigkeit führten, da solche Auflagen kein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB darstellen. Anders sei dies aber im vorliegenden Fall zu bewerten, weil der Gesetzesverstoß unmittelbar gegen die gesetzliche Regelung des GlüStV 2012 erfolgt sei und nicht bloß gegen eine verwaltungsrechtliche Auflage. Zudem fehle es an wirksamer staatlicher Kontrolle über die Einhaltung des Einsatzlimits im konkreten Fall.
Nach höchstrichterlicher Auffassung kann der Schutzgedanke des § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 nur durch zivilrechtliche Nichtigkeit der betroffenen Verträge vollständig verwirklicht werden.
Damit hat der Bundesgerichtshof die Frage nach der Rückforderung von Verlusten, die bis zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags am 1. Juli 2021 entstanden sind, bereits beantwortet.
Rechtslage seit dem 1. Juli 2021
Mit dem Inkrafttreten des GlüStV 2021 wurde das monatliche Einzahlungslimit in § 6c GlüStV 2021 gesetzlich verankert – als zentrales Element der Neuregulierung des Glücksspielmarkts.
Der Gesetzgeber beabsichtigte mit dieser Norm, finanzielle Schäden für Spieler und deren Familien zu begrenzen. Ziel der Regelung ist klar der Schutz vor unkontrollierten Verlusten und damit auch eine präventive Maßnahme zum Selbstschutz.
Aus der amtlichen Begründung wird deutlich, dass § 6c GlüStV 2021 auf dem Vorgängerparagrafen § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 aufbaut, jedoch darüber hinausgeht: Das Einzahlungslimit gilt nun anbieterübergreifend. Daraus folgt eine noch stärkere Schutzwirkung.
Die Eigenschaft als Verbotsgesetz ergibt sich insbesondere daraus, dass § 6c GlüStV 2021 Einzahlungen über die Grenze hinaus untersagt – und entsprechende Spielverträge infolgedessen als nichtig bzw. teilweise nichtig gelten können.
Aus unserer Sicht handelt es sich dabei um eine vertragliche Nebenpflicht, deren Missachtung zumindest zu Schadensersatzansprüchen führt.
Falls Sie kein Einzahlungslimit eingerichtet haben oder keine (ausreichenden) Einkommensnachweise gegenüber dem Glücksspielanbieter erbracht haben, unterstützen wir Sie gern dabei, Ihre finanziellen Verluste geltend zu machen.
Wenn Sie bei mehreren Online-Plattformen Einsätze getätigt und Verluste erlitten haben, ist es zunächst erforderlich, bei jedem Anbieter separat eine Auskunft Ihrer gespeicherten Daten anzufordern, um Ihre Verluste belegen zu können. Nur durch diese gezielten Einzelauskünfte lässt sich eine rechtlich belastbare Grundlage für mögliche Rückforderungen schaffen.
Um Ihnen diesen Schritt zu erleichtern, stellen wir ein kostenloses Musterschreiben zur Verfügung, das Sie über den folgenden Link herunterladen können: https://www.anwalt-leverkusen.de/aktuelles/detail/geld-zurueck-bei-gluecksspiel-und-sportwetten-wie-bekomme-ich-raus-wie-hoch-meine-verluste-sind.html
Wir empfehlen, das ausgefüllte Schreiben sowohl per E-Mail als auch auf dem Postweg an den jeweiligen Glücksspielanbieter zu übermitteln.
Sobald Sie die entsprechenden Auskünfte erhalten haben, laden wir Sie herzlich ein, unsere kostenfreie Erstberatung in Anspruch zu nehmen.
Falls sich einzelne Anbieter weigern sollten, die angeforderten Daten herauszugeben, unterstützen wir Sie auch in diesem Fall – wir haben bereits mehrfach erfolgreich gegen besonders widerwillige Plattformen auf Herausgabe geklagt.
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