Die Politik des US-Präsidenten schreckt internationale Investoren ab. Das wollen Europas Währungshüter jetzt nutzen, um dem Euro jene Privilegien zu sichern, die bisher nur der Dollar hatte. Dazu müssten aber noch entscheidende Bedingungen erfüllt werden.
Investoren wenden sich nach Beobachtung von Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank, derzeit vermehrt Europa zu. Sie sieht daher derzeit einen günstigen Zeitpunkt, um die globale Rolle des Euro zu stärken. Das sagte sie am Samstag auf der 31. Dubrovnik Economic Conference, die von der kroatischen Nationalbank ausgerichtet wird..
Sie habe insbesondere auf dieser Konferenz Signale gesehen, dass sich Investoren auf den europäischen Kontinent konzentrieren, wenn es darum geht, ihre Geldanlage zu diversifizieren. Sie bezeichnete dies als „positiven Vertrauenseffekt“.
Es sind nicht die ersten Äußerungen dieser Art. Selbst Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), hatte bereits Signale gegeben, dass man versuchen wolle die Angriffe von Donald Trumps auf den Welthandel und staatliche Institutionen zu ihrem Vorteil zu nutzen. Investoren ziehen sich tatsächlich seit einigen Monaten vermehrt aus dem US-Dollar zurück, dessen Wert hat zuletzt gegenüber allen wichtigen Währungen an Wert verloren.
Ende Mai hatte Christine Lagarde gesagt, Trumps unberechenbare Politik biete eine hervorragende Gelegenheit, die Rolle des Euro zu stärken und dem Währungsblock jene Privilegien zu sichern, die bisher dem US-Dollar vorbehalten waren. Die Veränderungen „öffnen die Tür für einen ‚globalen Euro-Moment‘“, den die Politiker nutzen sollten, sagte sie.
Schnabel verwies am Samstag auf Gespräche mit Finanzmarktakteuren, die zeigten, dass Investoren zunehmend an Diversifizierung und einer „leichten Expansion nach Europa“ interessiert seien. Sie sagte, dies liege auch an den erwarteten höheren öffentlichen Ausgaben in Europa für Verteidigung und Infrastruktur.
„Im Fall Deutschlands, das über großen fiskalischen Spielraum verfügt, haben es auch die Investoren sehr positiv aufgenommen, dass Deutschland endlich seine Sparpolitik aufgegeben hat“, sagte sie. Schnabel betonte, dass mehr Investitionen in Europa die finanziellen Bedingungen verbessern und die Fragmentierung verringern – „was ein weiterer sehr positiver Effekt ist“.
In den letzten Wochen betonte Schnabel die Notwendigkeit eines großen europäischen Anleihenmarktes zur Stärkung der globalen Rolle des Euro und schlug vor, gemeinsame Schulden zur Finanzierung öffentlicher Güter in Europa in Betracht zu ziehen.
In einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit El País betonte auch Spaniens Notenbankchef José Luis Escrivá, dass „die Dominanz des Dollars als internationale Reservewährung ihren Höhepunkt erreicht zu haben scheint“.
„Wir müssen den Euro stärken“
„Der Euro hat das Potenzial, mit dem Dollar zu konkurrieren, insbesondere wenn er seine makroökonomische und institutionelle Stabilität bewahrt“, sagte er. „Mit einer starken Wirtschaft und einem Handelsvolumen, das größer ist als das der USA, hat Europa Spielraum, die Rolle des Euro als Reserve- und Referenzwährung in einem nach wie vor vom Dollar dominierten internationalen Handel zu stärken.“
Schnabels deutscher Kollege im EZB-Rat, Joachim Nagel, schlug einen ähnlichen Ton an, warnte jedoch vor der Vorstellung, dass der Dollar sehr viel Einfluss verlieren werde.
„Aus europäischer Sicht müssen wir den Euro stärken“, sagte der Bundesbankpräsident am Sonntag im Deutschlandfunk. „Wir wollen Europa für ausländische Investoren attraktiver machen. Aber natürlich müssen wir auch den US-Dollar im Auge behalten und haben ein Interesse daran, dass er stabil bleibt.“
Bloomberg/fhs