Basierend auf einer Vielzahl von Auseinandersetzung in der Praxis im Zusammenhang mit der Abberufung von Gesellschaftergeschäftsführern – insbesondere im Kontext von GmbHs – lassen sich zentrale Aspekte herausstellen, die sich in drei wesentliche Themenbereiche gliedern:
1. Grundsätze und Umsetzung der Abberufung
Freie Abberufbarkeit: Das GmbH-Recht sieht prinzipiell die jederzeitige Abberufbarkeit eines Geschäftsführers vor – als Ausdruck der in § 38 GmbHG verankerten freien Abberufbarkeit. Dieses Modell bedeutet, dass die Bestellung eines Geschäftsführers durch einen Gesellschafterbeschluss grundsätzlich jederzeit widerrufen werden kann, ohne dass ein „besonders wichtiger“ Grund vorliegen muss. Dabei bleiben vertragliche Ansprüche (etwa aus dem Anstellungsvertrag) zunächst berührt, auch wenn die Organstellung durch den Gesellschafterbeschluss beendet wird.
Umsetzung des Beschlusses: Die praktische Umsetzung eines Abberufungsbeschlusses nimmt – je nach Auslegung des Beschlussinhalts – zwei Formen an. Wird der Beschluss so ausgelegt, dass bereits mit der Gesellschafterversammlung die Willenserklärung abgegeben wird, so „fallen“ Beschlussfassung und Umsetzung (also die Abberufungserklärung) miteinander zusammen. Ist der Geschäftsführer anwesend, genügt es in der Regel, wenn der Versammlungsleiter die Beschlussfeststellung vornimmt. In Fällen, in denen der betroffene Geschäftsführer nicht unmittelbar informiert wird, ist jedoch ein gesondertes Zutreffen der Abberufungserklärung gegenüber dem Geschäftsführer erforderlich. Die Frage, ob es sich um eine rein interne Willensbildung oder um eine bereits formvollendete, externe Willenserklärung handelt, ist dabei maßgeblich für die richtige Umsetzung – und kann zum Beispiel Auswirkungen auf spätere Anfechtungen haben.
2. Beschlussmehrheiten bei der Abberufung
Einfache Mehrheit als Regelfall: Die Rechtsprechung hat vielfach festgestellt, dass für die Abberufung – auch aus wichtigem Grund – grundsätzlich die einfache Stimmenmehrheit der anwesenden Gesellschafter ausreicht. Dies gilt unter der Annahme, dass die Abberufung als Teil der frei gestaltbaren Gesellschafterentscheidung zu verstehen ist und der entsprechende Beschlussinhalt bereits die Abberufungserklärung beinhaltet. Ein zentrales Argument dabei ist, dass „Dauerrechtsverhältnisse“ auch ohne eine qualifizierte Mehrheitsanforderung beendet werden können, vorausgesetzt, der Beschluss reflektiert den Willen der Mehrheit gemäß den Vorgaben des GmbHG.
Besondere Konstellationen: In der Praxis können sich – insbesondere im Fall von Gesellschaftergeschäftsführern – Konfliktsituationen ergeben, in denen neben dem einfachen Mehrheitsprinzip auch Fragen zum Stimmverbot zur Anwendung kommen. Nach § 47 Abs. 4 GmbHG ist etwa zu prüfen, ob der abberufene Geschäftsführer an der Abstimmung beteiligt war – auch wenn die tatsächliche Beteiligung nicht in die Berechnung des Beschlussmehrheitsergebnisses eingeht. Entsprechende richterliche Rechtsfortbildungen machen deutlich, dass selbst wenn der betroffene Geschäftsführer teilnimmt, die Gesellschafterversammlung in der Regel den Willen zur Abberufung (bzw. zur weiteren Umsetzung des Beschlusses) bereits vollständig zum Ausdruck bringt.
3. Abberufungsbeschränkungen und Sonderrechte
Vertragliche und satzungsmäßige Besonderheiten: Obwohl das Gesetz den Grundsatz der freien Abberufbarkeit vorsieht, können die Satzung der Gesellschaft oder schuldrechtliche Nebenabreden gewisse Grenzen setzen. So wird etwa in Diskussionen immer wieder erörtert, inwieweit satzungsmäßige Mehrheitsklauseln oder Sonderrechte – insbesondere bei Geschäftsführern, die über ein vertraglich ausgestattetes Sonderrecht verfügen – als Einschränkung wirken. Entscheidend ist hier, dass solche vertraglichen Regelungen stets dem grundsätzlich zwingenden Vorbehalt des § 38 Abs. 2 GmbHG unterliegen. Ein als besonderes Sonderrecht ausgestaltetes Mitspracherecht dient in erster Linie dazu, die Interessen der Gesellschafter vor allzu willkürlichen Eingriffen zu schützen, darf jedoch den Rechtsgrundsatz nicht außer Kraft setzen, dass sich – auch im Konfliktfall – wesentliche Dauerrechtsverhältnisse aus wichtigem Grund beenden lassen müssen.
Treupflicht und inhaltliche Kontrolle: Neben den satzungsmäßigen Einschränkungen wird auch die gesellschafterliche Treupflicht als ein Instrument zur inhaltlichen Kontrolle des Abberufungsbeschlusses diskutiert. Die Treupflicht begründet, dass insbesondere bei einer persönlichen und intensiven Zusammenarbeit der Gesellschafter – wie es bei vielfach auch in Zweipersonengesellschaften der Fall ist – eine sachliche Rechtfertigung der Abberufung notwendig sein kann. Eine rein formelle Mehrheitsentscheidung kann somit einer zusätzlichen inhaltlichen Überprüfung unterliegen, die sich an Kriterien wie Geeignetheit, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit orientiert.
Fazit
Die Abberufung eines Gesellschaftergeschäftsführers stellt einen hochkomplexen, rechtlich tiefgehend regulierten Vorgang dar. Entscheidend sind:
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Die Umsetzung des Beschlussinhalts: Ob Beschlussfassung und Abberufungserklärung miteinander verschmelzen oder separat erfolgen müssen, richtet sich nach der konkreten Auslegung des Gesellschafterbeschlusses.
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Die notwendige Beschlussmehrheit: Im Regelfall genügt die einfache Mehrheit – auch wenn besondere Konstellationen (etwa durch das Stimmverbot) speziell zu prüfen sind.
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Die Abberufungsbeschränkungen: Satzungsmäßige Sonderrechte und schuldrechtliche Nebenabreden können zwar den Entscheidungsprozess beeinflussen, unterliegen jedoch stets dem zwingenden Rahmen des GmbHG, der den Schutz der gesamtgesellschaftlichen Interessen gewährleisten soll.
Diese theoretisch wie praktisch relevanten Aspekte liefern einen Rahmen, der sowohl gesetzlichen Vorgaben als auch aktueller Rechtsprechung Rechnung trägt. Für konkrete Fälle empfiehlt sich immer eine detaillierte juristische Beratung, um die individuellen Gegebenheiten – etwa im Hinblick auf mögliche Treupflichtverletzungen oder spezielle vertragliche Bindungen – umfassend zu prüfen. Gerne helfen wir Ihnen weiter.