Die Zementindustrie gehört zu den größten Verursachern von CO2. Doch es gibt Pläne, wie die Branche klimafreundlicher werden könnte. Eine Gesetzesänderung soll dafür die Grundlage liefern.
Das Klimaproblem der Zementindustrie schlummert in altem Gestein: In dem speziellen Kalkstein, der als Rohstoff für Zement dient, ist Kohlenstoffdioxid (CO2) seit Millionen Jahren eingeschlossen. Das Problem: Während des Herstellungsprozesses im Ofen wird das CO2 frei gesetzt und am Ende über riesige Schornsteine in die Atmosphäre geblasen.
Bisher gibt es keine markttaugliche Innovation, die das verhindern kann. Um ihre CO2-Werte zu verbessern, bleibt der Zementindustrie bisher nur, auf nachhaltige Energiequellen für die Öfen zu setzen. Aber selbst damit bleiben zwei Drittel der Emissionen bestehen.
CO2 aus Abgasen filtern?
Um ihre Klimaziele zu erreichen, muss die Zementindustrie also andere Wege gehen. Der Baustoffproduzent Holcim gehört zu den Unternehmen, die bereits damit begonnen haben – im Werk in Lägerdorf in Schleswig-Holstein und jetzt auch am Standort Höver in der Nähe von Hannover. Allein dort werden jedes Jahr 600.000 Tonnen CO2 in die Atmosphäre gepustet, für 800.000 Tonnen Zement. Von diesen Emissionen will man hier runter, aus ökologischen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen. Die Schwerindustrie muss klimafreundlich werden, davon ist Werksleiter Florian Trela überzeugt und spricht von einer „zweiten industriellen Revolution“.
Teil dieser „Revolution“ ist eine Pilotanlage, für die gerade das Fundament auf dem Fabrikgelände gegossen wurde. Die Anlage soll in Zukunft das CO2 aus dem Abgasstrom des riesigen Ofens abscheiden. „Wir wissen schon, dass sie das kann. Was wir aber noch nicht wissen ist: Wie gut kann sie das, also wie effektiv und wie wirtschaftlich ist sie dann auch?“, erklärt Lisa Büscher, Verfahrenstechnikerin und Projektleiterin. Langfristig ist das Ziel, vollkommen reines CO2 zu erhalten und weiterzuverkaufen, etwa an die chemische Industrie. Ob Joghurtbecher, Matratze oder T-Shirt, überall stecke CO2 als Rohstoff drin, erklärt Büscher.
Umweltschützer sind gegen den Abtransport
Nur bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Das CO2 muss also vorerst woanders hin. Entweder wird es weiterhin die Atmosphäre entlassen, oder, und das ist der Plan bei Holcim, es wird per Lkw abtransportiert und unterirdisch verpresst. Etwa in leere Gaskavernen im Boden der Nordsee. Ein Plan, den auch andere Unternehmen verfolgen.
Umweltschützer allerdings sind strikt dagegen, etwa der BUND. Unterirdische CO2-Speicherung sei teuer und mit vielen Risiken für Mensch und Umwelt verbunden, heißt es zum Beispiel beim BUND Niedersachsen. Außerdem werde dadurch der Anreiz für Unternehmen gesenkt, CO2 einzusparen. Wenn sich, wie im Falle der Zementindustrie, Rest-Emissionen tatsächlich nicht vermeiden ließen, müssten in erster Linie natürliche CO2-Senken wie wiedervernässte Moore oder Wälder genutzt werden.
Norwegen oder die USA sind Vorreiter
Ingenieurin Lisa Büscher kennt die Bedenken: „Klar kann ich das verstehen, CO2-Transport wird noch nicht im großen Stil in Deutschland gemacht“, sagt sie. „Das ist eine Unbekannte und deshalb haben die Leute Sorgen, aber es ist unsere Aufgabe, den Leuten die Sorgen zu nehmen, denn es ist technisch machbar.“
Dafür braucht es in Deutschland aber eben noch das entsprechende Gesetz, das den Transport und die Speicherung von CO2 erlaubt und das am Freitag zur Abstimmung im Bundesrat steht. Als Vorreiter gelten Länder wie Norwegen oder die USA, wo CCS (Carbon Capture and Storage), also „CO2 Abfangen und Speichern“ schon lange erlaubt ist.
In Deutschland wird all das noch etwas dauern, selbst mit neuem Gesetz. Bei Holcim in Höver wollen sie jedenfalls von 2030 an bereit sein, den neuen Weg zu gehen.

