Die kriselnde deutsche Autobranche beschäftigt nach dem Abbau Zehntausender Stellen so wenige Beschäftigte wie seit 2011 nicht mehr. Und auch in anderen Industriezweigen gingen viele Jobs verloren.
Die anhaltende Wirtschaftskrise kostet Zehntausende Beschäftigte in der deutschen Industrie den Job. Allein in der Autobranche arbeiteten zum Ende des dritten Quartals gut 48.700 weniger Menschen als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Das sei ein Rückgang von 6,3 Prozent – so ein hohes Minus wie in keiner anderen großen Industriebranche mit mehr als 200.000 Beschäftigten.
Mit 721.400 Menschen erreichte die Beschäftigung in der Autoindustrie einen Tiefstand seit Mitte 2011. Dabei waren Zulieferer deutlich stärker vom Jobabbau betroffen als Hersteller. Dies sei „typisch für konjunkturell schwierige Zeiten, weil der Kostendruck dann von den Automobilherstellern zu einem großen Teil an die Zulieferer weitergereicht wird“, sagte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia.
120.000 Jobs in der Industrie verloren
In der gesamten Industrie waren zum Ende des dritten Quartals rund 5,43 Millionen Menschen beschäftigt – ein Rückgang von 120.300 oder 2,2 Prozent in einem Jahr. Die einzige große Branche im verarbeitenden Gewerbe mit Beschäftigungswachstum war die Nahrungsmittelindustrie mit einem Plus von 1,8 Prozent auf 510.500 Menschen. „Die langanhaltende Rezession in der Industrie macht sich deutlich in der Beschäftigungsentwicklung bemerkbar“, so de la Rubia.
Die Daten zeigten, wo die Krisenherde in der deutschen Industrie liegen, ergänzte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Insgesamt sei der Beschäftigungsabbau gemessen am Rückgang von Produktion und Aufträgen aber moderat. „Es ist noch nicht zu spät, den Großteil der Jobs in der Industrie zu retten.“
Auch wenn sich das Barometer für das Geschäftsklima in der deutschen Autobranche im Oktober dem Münchener ifo-Institut zufolge spürbar verbessert hat, bleibt die Stimmung trübe. So will etwa der Lastwagen- und Bushersteller MAN in Deutschland rund 2.300 Stellen abbauen. Betroffen sind vor allem der Hauptstandort München mit 1.300 Jobs, Salzgitter mit 600 und Nürnberg mit 400 Stellen, wie das Unternehmen heute bekanntgab.
Stellenabbau in vielen Branchen
Auch in anderen Industriezweigen gingen viele Stellen verloren, wie das Statistische Bundesamt weiter berichtete. Im Maschinenbau sank die Beschäftigung zum Ende des dritten Quartals um 2,2 Prozent auf rund 934.200 Menschen. In der Chemie gab es binnen eines Jahres einen leichten Rückgang um 1,2 Prozent auf 323.600 Menschen und bei der Herstellung von elektrischer Ausrüstung um 0,4 Prozent auf 387.500.
Besonders stark fiel der Stellenabbau in der Metallerzeugung und -bearbeitung (minus 5,4 Prozent) sowie in der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (minus drei Prozent) aus. Den deutschen Unternehmen machen die hohen US-Zölle und der Aufstieg der chinesischen E-Autobauer zu schaffen. Zuletzt kam es zudem zu Versorgungsschwierigkeiten mit Halbleitern von Nexperia.
Deutschland brauche eine ganzheitliche Industriepolitik, fordert daher Ökonom Dullien. „Die aggressive Handelspolitik der USA ebenso wie die aggressive Industriepolitik Chinas haben das Ziel, heimische Produktion anzukurbeln“, so der IMK-Direktor. „Das geht auf Kosten der deutschen Industrie.“ Deutschland sollte die EU dazu anregen, selbst Schlüsselbranchen zu definieren und den Binnenmarkt zu nutzen, um europäische Produktion zu fördern.
