Amazon-Gründer Jeff Bezos entwickelt sich mit seinem Raumfahrtkonzern Blue Origin zum ernsthaften Konkurrenten von Elon Musk.
Bereits im zweiten Anlauf ist es Bezos geglückt, dass die Antriebsstufe seiner Schwerlastrakete „New Glenn“ nach dem Start aus dem Weltraum kommend sanft auf einer Meeresplattform landet. Beim Technologieunternehmer Musk mit seinem Raumfahrtkonzern SpaceX klappte dieses Manöver erst im vierten Versuch, erstmals 2016.
Der Start der „New Glenn“-Rakete war ursprünglich am Sonntag geplant. Nach zwei Startverschiebungen wegen ungünstigem Wetter über dem Startplatz sowie Sonnenwinde hob die Rakete jetzt mit rund einstündiger Verzögerung um 15:55 Uhr Ortszeit vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida in den wolkenlosen Himmel ab.
Neun Minuten nach dem Start landete dann die gut 57 Meter hohen Antriebsstufe im Atlantik auf der Plattform Jacklyn, 600 Kilometer vor der Küste von Florida. Wie in einer Live-Übertragung im Internet zu sehen war, setzte die Raketenstufe mit ihren sechs Landebeine genau im Zentrum der 45 Meter breiten Meeresplattform auf. Die Belegschaft von Blue Origin brach dabei in lautem Jubel aus. „Für uns beginnt eine neue Ära“, kommentierte eine Blue Origin-Sprecherin.
Der Milliardär Bezos verfolgt bei seinen Raketen eine ähnliche Recyclingidee wie sein Rivale Elon Musk. Er ist der Vater und Vorreiter bei der Wiederverwendbarkeit von Raketen, um deren Startkosten zu senken. Musk hat allein in diesem Jahr bei mittlerweile über 140 Starts seiner Falcon-Rakete die Antriebsstufe wieder sicher aus dem Weltraum zurückgeholt, die dann auf Meeresplattformen oder an Land gelandet sind. Die Schwerlastrakete „New Glenn“ von Bezos ist jetzt erst zum zweiten Flug gestartet. Beim Premierenflug der Rakete im Januar versagten die Triebwerke zur Rückkehr aus dem All und es konnte kein Landemanöver versucht werden.
Zwei Satelliten auf dem Weg zum Mars
Bezos Raumfahrtkonzern Blue Origin wertete die Mission mit der geglückten Rückkehr der Antriebsstufe als Erfolg.
Hauptziel des Fluges ist es, zwei Satelliten auf den Weg zum Mars zu schicken. Bei der sogenannten Escapade-Mission für die Nasa fliegen zwei je 535 Kilogramm schwere Satelliten (Escapade Blue und Gold) zu dem Planeten. Die Zwillingssonden sollen dort ab Herbst 2027 die Auswirkungen des Sonnenwinds auf die Mars-Magnetosphäre untersuchen. Die lange Anflugzeit beruht auf einem ungewöhnlichen Flugprofil der vom US-Raumfahrtunternehmen Rocket Lab gebauten Satelliten.
Der zweite Start der „New Glenn“-Rakete hatte sich nach dem Premierenflug im Januar verzögert. Zunächst mussten die Probleme gelöst werden, die zum Ausfall der Triebwerke für einen Rückflug führten. Diesmal gab es keine Triebwerksprobleme.
Bei SpaceX ist die Wiederverwendung von Raketenantriebsstufen inzwischen Routine. Mittlerweile werden die Raketenstufen bei SpaceX bis zu 30-mal wiederverwendet. Blue Origin will die Antriebsstufe seiner „New Glenn“-Rakete eines Tages bis zu 25-mal einsetzen.
Inzwischen gibt es ein weltweites Umdenken in der Branche, die bisher auf Wegwerfraketen setzt. Neben SpaceX sowie Jeff Bezos mit Blue Origin gibt es auch Versuche in mehreren Projekten in China, von Honda in Japan und erste Ansätze in Europa mit dem Themis-Prototyp der Ariane-Group.
Die Schwerlastrakete „New Glenn“ von Jeff Bezos sollte ursprünglich bereits 2020 fliegen. Doch es gab immer wieder Verzögerungen. Blue Origin ist bisher nur mit seiner wiederverwendbaren Kleinrakete New Shepard erfolgreich, mit der Kurztrips in den Weltraum mit wenigen Minuten Schwerelosigkeit möglich sind. Von bisher 36 Flügen waren 15 bemannt.
Jeff Bezos gilt mit seinem Raumfahrtkonzern Blue Origin als einziger namhafter US-Herausforderer von Elon Musk mit dessen Konzern SpaceX. So will Bezos seinem Rivalen Musk bei der Rückkehr der Amerikaner auf den Mond Konkurrenz machen. SpaceX und Blue Origin haben beide bereits Verträge für bemannte Landefähren abgeschlossen, aber der von der Nasa anvisierte Zeitpunkt 2027 mit der Mondlandung gilt als unrealistisch. Inzwischen hat die Nasa den Wettbewerb um den Mond-Lander neu eröffnet, um das sogenannte Artemis III-Projekt zu beschleunigen. China soll nicht zuvor bemannt landen.
Vor wenigen Tagen hatte Blue Origin-Chef Dave Limp in einem Interview mit der Branchenplattform Arstechnica.com erklärt: „Wenn die Nasa schneller vorankommen will, würden wir Himmel und Erde in Bewegung setzen, um früher zum Mond zu kommen.“
Blue Origin will dabei seine soeben getestete „New Glenn“-Rakete für den Transport von Mondlandevehikel einsetzen.
