marktbericht
Der DAX kann nicht von der Fortsetzung des Rekordlaufs der Wall Street profitieren. Anders als in New York bleiben die Anleger vor wichtigen US-Terminen zurückhaltend.
Eigentlich wäre auch am heimischen Aktienmarkt das Umfeld geeignet, die Aktienkurse anzutreiben. Der Rekordlauf der Wall Street setzt sich scheinbar ohne jegliches Durchschnaufen fort und sorgt für beste Vorgaben aus Übersee.
Zudem hat sich der ifo-Geschäftsklimaindex, Deutschlands wichtigster Konjunkturfrühindikator, im Oktober kräftiger als erwartet aufgehellt, auf 88,4 Zähler – nach 87,7 Punkten im September. Der Trend weise weiter nach oben, betont Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. „Ab Anfang nächsten Jahres dürfte dann das Fiskalpaket die Konjunktur anschieben.“
Des Weiteren gibt es Entspannungssignale im US-chinesischen Handelsstreit, und auch im heimischen Verhältnis zu China betonen sowohl die deutsche- als auch die chinesische Seite, weiter an konstruktiven Handelsbeziehungen interessiert zu sein. Die Absage der Reise von Bundesaußenminister Wadephul in der Vorwoche hatte hier für Irritationen gesorgt. China ist mittlerweile wieder der größte Handelspartner Deutschlands.
„China hat seine Beziehungen zu Deutschland immer aus einer strategischen und langfristigen Perspektive betrachtet und entwickelt“, sagte heute ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums in Peking. Sprecher der Bundesregierung und des Auswärtigen Amtes betonten in Berlin ebenfalls das Interesse an einem Dialog mit Peking. China ist mittlerweile wieder der größte Handelspartner Deutschlands.
Trotzdem will am deutschen Aktienmarkt weiterhin keine Euphorie aufkommen. Vielmehr warten die Anleger ab. Der DAX hat nach anfänglich leichten Gewinnen ins Minus gedreht, am Nachmittag steht das deutsche Börsenbarometer wieder moderat um 0,2 Prozent im Plus. Damit bleibt der Index in seinem jüngsten Seitwärtstrend zwischen 24.000 und dem Rekordhoch bei 24.771 Punkten und bewegt sich heute zwischen 24.185 und 24.348 Punkten.
Anders als die US-Anleger blicken die heimischen Anleger mit deutlich mehr Vorsicht auf die laufende US-Berichtssaison: Mit den Tech-Giganten Alphabet, Meta, Microsoft, Amazon und Apple legen aus dem Kreis der wertvollsten US-Konzerne in dieser Woche am Mittwoch und Donnerstag gleich fünf ihre Quartalsbilanzen vor. Jedes dieser fünf Unternehmen hat das Zeug dazu, den Märkten seinen Stempel aufzudrücken.
Wie es an den Börsen mittelfristig weitergeht, dürfte allerdings primär vom anstehenden Zinsentscheid der US-Notenbank in dieser Woche abhängen. Experten sind überzeugt, dass sich die Fed trotz der zuletzt wieder gestiegenen Inflationsrisiken zu einer weiteren Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte durchringen wird. Noch wichtiger als der Entscheid an sich werden Aussagen zum weiteren geldpolitischen Vorgehen der Bank sein. Hier erwartet der markt weitere Zinssenkungen.
Einige Wall-Street-Analysten gehen zudem davon aus, dass die Fed ihre langjährigen Maßnahmen zur Bilanzverkürzung zum Monatsende beenden wird. Ziel des „Quantitative Tightening“ – kurz QT – ist die Beseitigung der übermäßigen Liquidität, die die Fed den Finanzmärkten während der Corona-Pandemie zuführte. Seit 2022 konnte die Bilanzsumme der Fed von dem Spitzenwert von 8,9 Billionen Dollar auf 6,6 Billionen Dollar eingedampft werden.
Sollte nun das QT eingestellt werden, würde das den Märkten mehr Liquidität bescheren. In der historischen Betrachtung zogen die US-Aktienmärkte nach dem Ende von QT-Phasen stets an – zuletzt war das ab dem Sommer 2019 bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie zu beobachten.
Unter den Einzelwerten im DAX stehen die Anteilsschein von Chiphersteller Infineon an der DAX-Spitze. Sie profitieren ebenfalls von der Annäherung zwischen China und den USA. Eine Besserung der Beziehungen der beiden weltgrößten Volkswirtschaften gilt als besonders wichtig für die Chipbranche, in der das Geschehen am Weltmarkt stark von Konzernen aus den USA und Fernost geprägt ist. Zu den Verlierern gehören Triebwerksbauer MTU und Rheinmetall.
An der Wall Street setzt sich der jüngste Rekordlauf derweil fort. Wie schon am Freitag, erreichen alle großen Aktienindizes neue Rekordstände. Der Leitindex Dow-Jones-Index steigt im frühen Geschäft bis auf 47.532 Punkte, zuletzt notierte er leicht darunter rund ein halbes Prozent höher. Auch der marktbreite S&P 500 sowie besonders die Technologiebörse Nasdaq erreichen neue Bestmarken.
Dabei läuft der Handel an der Wall Street in dieser Woche von 14:30 bis 21:00 Uhr MEZ. Hintergrund ist der Beginn der Winterzeit am vergangenen Wochenende hierzulande, während in den USA die Uhren erst am kommenden Wochenende umgestellt werden.
Besonders Entspannungssignale im Zollstreit mit China befeuern zum Wochenstart die US-Börsen. China und die USA seien zu einer vorläufigen Einigung gelangt, hatte Li Chenggang, Vize-Sekretär im chinesischen Handelsministerium, nach Gesprächen mit der US-Seite gesagt. Diese müsse nun auf beiden Seiten „ein internes Genehmigungsverfahren durchlaufen“. Konkrete Angaben zu den Inhalten machte China zunächst nicht.
Auch US-Finanzminister Scott Bessent sprach von positiven Verhandlungen in Kuala Lumpur, die Vorlauf für das Treffen von US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping am Donnerstag in Südkorea sind.
Trotz des fundamentalen Rückenwinds durch den ifo-Index bewegt sich die Gemeinschaftswährung am Nachmittag kaum. Aktuell werden 1,1637 Dollar bezahlt, nur wenig mehr als am Morgen.
Am Devisenmarkt hielten sich die Anleger allerdings vor wichtigen geldpolitischen Entscheidungen eher zurück, hieß es von Marktbeobachtern. Im weiteren Verlauf der Woche werden Zinsbeschlüsse der Europäische Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank Fed erwartet.
Die in der Vorwoche stark gestiegenen Ölpreise haben am Nachmittag ihre anfängliche Schwäche überwunden und legen leicht höher. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee steigt rund 0,4 Prozent. Die US-Sanktionen gegen Russland hatten in der Vorwoche Angebotssorgen am Ölmarkt aufkommen lassen.
Der Quartalsbericht von Porsche kommt trotz roter Zahlen bei den Anlegern insgesamt gut an. Die Aktien steigen in der Spitze um fast 4,5 Prozent, am Nachmittag notieren sie rund 1,5 Prozent höher. Im dritten Quartal fiel der bereinigte operative Verlust mit 967 Millionen Euro geringer als befürchtet aus – Analysten hatten im Schnitt mit 1,094 Milliarden Euro gerechnet.
Der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer hat in den USA die Zulassung für sein Menopause-Mittel Elinzanetant erhalten. Die US-Gesundheitsbehörde FDA habe das Medikament zur Behandlung von moderaten bis schweren vasomotorischen Symptomen im Zusammenhang mit den Wechseljahren genehmigt, teilte das Unternehmen mit.
Der Verdacht gegen den Verpackungsspezialisten Gerresheimer, gegen Rechnungslegungsvorschriften verstoßen zu haben, hat sich teilweise erhärtet. Das Unternehmen gab nun bekannt, dass wahrscheinlich ein Drei-Millionen-Euro-Umsatz falsch verbucht wurde. Die Finanzaufsicht BaFin hatte im September eine Prüfung problematischer Buchungen im Konzernabschluss 2024 eingeleitet.
Die streikenden Mitarbeiter von Boeing Defense im Raum St. Louis haben den jüngsten Tarifvorschlag des US-Unternehmens abgelehnt. Der Streik geht damit in die 13. Woche. Die Konzernführung sei nicht auf die Bedürfnisse der rund 3.200 Mitglieder der Gewerkschaft IAM eingegangen, teilte die Gewerkschaftsführung mit.
