Der Aufsichtsrat der Bahn hat die bisherige Regionalverkehrsvorständin Palla als neue Chefin des Konzerns bestätigt. Die Gewerkschaft EVG hatte angekündigt, gegen sie stimmen zu wollen – doch eine einfache Mehrheit reichte.
Die bisherige Regionalverkehrsvorständin der Deutschen Bahn, Evelyn Palla, wird neue Konzernchefin. Der Aufsichtsrat berief die gebürtige Südtirolerin in seiner Sitzung auf den Spitzenposten, wie die Bahn mitteilte.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hatte im Voraus angekündigt, gegen Palla stimmen zu wollen. Da eine einfache Mehrheit für ihre Berufung reichte, konnte die Gewerkschaft den Wechsel an der Konzernspitze aber nicht verhindern.
Palla wird ihre neue Aufgabe laut der Mitteilung des Konzerns am 1. Oktober beginnen. Sie wird nun Nachfolgerin von Richard Lutz, der den Konzern fast acht Jahre lang führte, zuletzt aber keine Trendwende mehr einleiten konnte. Lutz werde zum 30. September aus dem Unternehmen ausscheiden, hieß es.
Erfolgreich im Regionalverkehr
„Mit Evelyn Palla gelingt der Neustart“, sagte Aufsichtsratschef Werner Gatzer. Sie ist nach 190 Jahren Bahn-Geschichte die erste Frau an der Spitze. Palla ist bislang Chefin der DB Regio. Der Regionalverkehr weist eine Pünktlichkeit von fast 90 Prozent auf und schrieb im ersten Halbjahr 2025 schwarze Zahlen. Der gebürtigen Südtirolerin wird zugeschrieben, die DB Regio geräuschlos und effizient neu aufgestellt zu haben.
Gatzer sagte, sie habe DB Regio aus schwierigem in ruhiges Fahrwasser geführt. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder wünschte Palla viel Erfolg: „Ich bin davon überzeugt, dass sie die Bahn besser aufstellen und gut durch schwierige Zeiten führen wird.“
Palla war am Vortag von Schnieder als dessen Wunschkandidatin für den Konzern-Spitzenposten vorgestellt worden. Der Chefwechsel ist Teil der neuen Bahnstrategie aus dem Ministerium, um den kriselnden Konzern wieder in den Griff zu bekommen. Das Echo auf ihre Nominierung fiel positiv aus.
Zweite Wunschpersonalie des Ministers unsicher
Die EVG wollte mit ihren Gegenstimmen vor allem ihren Unmut über eine weitere Personalie zum Ausdruck bringen: Dirk Rompf soll nach Schnieders Willen künftig die Infrastrukturtochter DB InfraGo führen. Rompf ist bei der Bahn kein Unbekannter: Er war Netz-Chef unter dem damaligen Konzernvorstand Ronald Pofalla. In dieser Zeit verfiel die Infrastruktur zunehmend, weil zu wenig Geld in den Erhalt investiert wurde.
Dem Vernehmen nach überraschte Schnieder die Branche mit der Präsentation Rompfs – und löste damit Unverständnis und Kritik statt Zuversicht für den Neustart aus. Auch bei der SPD wurde dem Vernehmen nach Kritik daran laut, dass Schnieder die Personalie vorher nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt hat. Dies müsse nun nachgeholt werden. Rompf muss vom Aufsichtsrat der DB InfraGo berufen werden, die Sitzung steht in den nächsten Wochen an. Die EVG rechnet sich gute Chancen aus, diese Berufung verhindern zu können.
Schnieder überzeugt von Personalien
Trotz des Streits über seine Personalvorschläge hatte Schnieder sich im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung zuversichtlich gezeigt. „Ich bin ziemlich überzeugt davon, dass wir heute im Aufsichtsrat eine Bestätigung für Frau Palla erreichen werden“, sagte der CDU-Politiker im ARD-Morgenmagazin. Sie habe viel Rückenwind.
Er sagte zudem, seine Personalvorschläge beinhalteten exzellente Personen, „sowohl bei Frau Palla wie auch bei Herrn Professor Rompf“. Schnieder betonte gleichzeitig: „Dass nicht jeder hinter einem solchen Vorschlag steht, kann ich nachvollziehen.“
Pünktlichkeitsziele gesenkt
Palla muss sich bei ihrer Arbeit künftig an der neuen Strategie des Bundes orientieren, die Schnieder am Montag vorgestellt hatte. Der Fokus liegt darin auf mehr Zuverlässigkeit, mehr Sicherheit und mehr Sauberkeit. Mit drei Sofortprogrammen soll zum Beispiel schon im kommenden Jahr der Komfort für Reisende im Fernverkehr verbessert werden.
Die neue Bahn-Chefin hatte am Montag gesagt, die Kehrtwende bei der Bahn sei ein Marathon, kein Sprint. Der Kunde müsse ins Zentrum rücken, der Fokus liege künftig wieder auf dem Kerngeschäft. „Ab sofort gilt: Qualität ist Chefinnensache“, so Palla. „Wir räumen auf.“ Man werde Bürokratie, Doppelstrukturen und unnötige Beteiligungen abbauen. Mit Palla soll das Unternehmen profitabel und pünktlicher werden.
Mit Blick auf die marode Infrastruktur hält der Bund am Konzept der sogenannten Generalsanierungen fest, mit denen bis 2036 rund 40 besonders wichtige und belastete Strecken von Grund auf modernisiert werden sollen. Schnieder will zudem dafür sorgen, dass die für die Infrastruktur zuständige DB InfraGo eigenständiger und unabhängiger vom Gesamtkonzern agieren kann.
Die Pünktlichkeitsziele für die Züge des Fernverkehrs wurden dagegen gesenkt. Nach Vorstellung des Bundes sollen bis Ende 2029 mindestens 70 Prozent der ICE- und IC-Züge pünktlich unterwegs sein. Die Bahn selbst hatte sich dieses Ziel bereits für das kommende Jahr gesetzt – Schnieder hält das für „jenseits aller Realität“.
