Seit Jahren ist die Stahlsparte das Sorgenkind des Thyssenkrupp-Konzerns. Grund sind hohe Energiepreise, die Konjunkturflaute und die Konkurrenz aus Asien. Von dort gibt es jetzt ein überraschendes Kaufangebot.
Überraschende Wendung im Ringen um die Zukunft der Stahlsparte von Thyssenkrupp: Der indische Stahlhersteller Jindal Steel International hat ein unverbindliches Angebot zum Kauf des Geschäfts abgegeben. „Wir glauben an die Zukunft einer grünen Stahlproduktion in Deutschland und Europa“, sagte Narendra Misra, Director of European Operations des Konzerns, laut einer Mitteilung.
Jindal Steel kündigte Gespräche mit der Thyssenkrupp AG über einen Kauf der Stahlsparte an. Der Konzern aus Essen teilte mit, man habe ein entsprechendes Angebot erhalten. Der Vorstand werde das Angebot nun intensiv prüfen.
Unklar ist, ob Thyssenkrupp Abstand nimmt von seinen bisherigen Zukunftsplänen für seine schwächelnde Stahlsparte. Bisher war geplant, weitere Anteile an den tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky abzugeben. Dieser hält aktuell 20 Prozent an dem Unternehmen. Thyssenkrupp Steel ist Deutschlands größter Stahlhersteller.
Jindal Steel will Milliarden investieren
Laut Thyssenkrupp will der Vorstand das indische Kaufangebot nun prüfen mit Blick auf die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit. Wichtige Punkte seien außerdem die Fortführung der „grünen“ Transformation sowie die Beschäftigung an den Stahl-Standorten.
Jindal Steel kündigte Investitionen in Deutschland an, sollte der indische Konzern den Zuschlag erhalten. Unter anderem wolle Jindal für mehr als 2 Milliarden Euro neue Lichtbogenofen-Kapazitäten am Standort Duisburg schaffen. Dabei handelt es sich um Elektroschmelzöfen, in denen eine besonders energieeffiziente Stahlherstellung möglich ist.
„Gute Nachricht für die Beschäftigten“
Die IG Metall begrüßte das Angebot von Jindal Steel. „Dass ein wachstumsorientierter Stahlkonzern wie Jindal Steel International als strategischer Investor bei Thyssenkrupp Steel einsteigen will, ist grundsätzlich eine gute Nachricht für unsere Beschäftigten“, sagte Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der Gewerkschaft und stellvertretender Aufsichtratchef von Thyssenkrupp. Die IG Metall wolle den Prozess von Arbeitnehmerseite aus konstruktiv begleiten.
Thyssenkrupp Steel ist wegen der Konjunkturschwäche, hoher Energiepreise und angesichts von Billigimporten aus Asien in eine Krise geraten. Als Gegenmaßnahme sollen die Kapazitäten verringert werden – von 11,5 Millionen Tonnen pro Jahr auf 8,7 bis 9 Millionen Tonnen. Rund 11.000 Stellen sollen abgebaut oder ausgegliedert werden. Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben.
Aktie steigt stark
„Unser Ziel ist es, das 200 Jahre alte industrielle Erbe von Thyssenkrupp zu bewahren, weiter auszubauen und dazu beizutragen, Thyssenkrupp Steel zum größten integrierten sowie klimafreundichen Stahlhersteller Europas zu machen“, sagte der Jindal-Direktor Misra. Sein Unternehmen freue sich auf einen konstruktiven Dialog mit dem Thyssenkrupp-Management und mit den Arbeitnehmervertretern.
An der Börse sorgte die Perspektive, dass es eine Lösung für das seit Jahren kriselnde Stahlgeschäft des Konzerns geben könnte, für Aufwind: Die Thyssenkrupp-Aktie stieg deutlich um mehr als vier Prozent.