Viele Zugreisende in Deutschland wissen nicht, dass sie indirekt mit der italienischen Staatsbahn unterwegs sind. Rund ein Dutzend deutsche Regionalbahnen gehören zur Trenitalia-Tochter Netinera. Der Marktanteil soll wachsen.
Wer in Italien einen Regionalzug nimmt, reist meist mit der Staatsbahn Trenitalia. Was vielen Zugreisenden in Deutschland nicht bewusst sein dürfte: Auch in vielen deutschen Regionalzügen sind sie indirekt mit der italienischen Staatsbahn unterwegs. Deren deutsche Tochter Netinera sei seit ihrem Start vor 14 Jahren kontinuierlich gewachsen, sagt der Finanzvorstand Markus Resch.
Resch zufolge arbeiten rund 6.500 Mitarbeiter für Netinera, der Umsatz betrage 1,2 Milliarden Euro. Zuletzt sei auch ein Gewinn abgefallen, was im Eisenbahn-Markt keine Selbstverständlichkeit sei, so der Finanzvorstand.
Quer durch Deutschland ist die Trenitalia-Tochter Netinera unter ganz verschiedenen Marken unterwegs. Dazu gehören unter anderem Metronom in Niedersachsen, ODEG in Ostdeutschland, vlexx in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland, alex und Waldbahn in Bayern.
Verspätungen meist Verantwortung der DB-Tochter?
Der Fahrgast-Verband Pro Bahn ist im Großen und Ganzen zufrieden damit, wie die italienische Staatsbahn im deutschen Regionalverkehr mitmischt. Zur Realität des deutschen Eisenbahnmarktes gehöre dabei allerdings, dass das Schienennetz in keinem guten Zustand sei, sagt der Netinera-Geschäftsführer Resch. Wenn sein Unternehmen die Gründe für Verspätungen auswerte, sei das Ergebnis eindeutig. 80 bis 90 Prozent seien von DB InfraGo verschuldet, deshalb könne Netinera das im Prinzip gar nicht beeinflussen.
DB InfraGO betreibt das Streckennetz der Deutschen Bahn. Sie soll zwar beträchtliche Summen bekommen, um das Netz zu sanieren. Aber hier sei Geduld gefragt, sagt der Netinera-Geschäftsführer: „Um ehrlich zu sein, wird das natürlich kein Projekt sein von ein, zwei Jahren, sondern da sprechen wir natürlich schon über eine langfristige Perspektive. Also eine kurzfristige Verbesserung sehen wir momentan nicht.“
Netinera bemühe sich aber, für die Kunden zu tun, was möglich ist. Auch mit der Belegschaft wünsche man ein gutes Einvernehmen, unterstreicht Resch.
„Wir analysieren permanent den Markt“
Lars Jedinat, der stellvertretende Bundesvorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, erkennt diese Bemühungen an. Als Tarifpartner sei mit den Italienern mitunter schneller eine Einigung möglich als mit der Deutschen Bahn, erklärt er. Die Auseinandersetzungen seien hart. Sie verstünden aber, dass es auch um die Mitarbeitenden gehe. So hat die GDL eine Einigung über eine 35-Stunden-Woche bei Netinera schneller erreicht als bei der Deutschen Bahn.
Netinera-Manager Resch hofft, dass Stück für Stück immer mehr Menschen für sein Unternehmen arbeiten. In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sei die Trenitalia-Tochter bislang noch nicht so recht vertreten. Und so wie die italienische Staatsbahn auf dem Heimatmarkt im Fernverkehr mit Italo einen starken Konkurrenten habe, so sei es auch denkbar, dass Trenitalia irgendwann im deutschen Eisenbahn-Fernverkehr mitspielt. Derzeit sei es allerdings noch nicht so weit, den ICEs der Deutschen Bahn Konkurrenz zu machen.
„Aber wir analysieren natürlich permanent den Markt, und wenn wir an den Punkt kommen würden, an dem wir sagen, es gäbe eine Verfügbarkeit von Infrastruktur, es gäbe eine Verfügbarkeit von Fahrzeugen und es rechnet sich wirtschaftlich, dann wird es sicherlich für uns auch eine Alternative“, sagt Resch. „Aber an dem Punkt sind wir heute noch nicht.“ Davon will sich die deutsche Sparte der italienischen Staatsbahn aber nicht entmutigen lassen. Netinera will weiter wachsen.