Beamte, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden sind, können erneut in das Beamtenverhältnis berufen werden, wenn im Dienstbereich des früheren Dienstherrn ein Amt mit mindestens demselben Grundgehalt übertragen werden soll und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden (Reaktivierung, § 29 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG). Zur Überprüfung der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit ist der Ruhestandsbeamte verpflichtet, sich nach Weisung der zuständigen Behörde ärztlich untersuchen zu lassen (§ 29 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz).
Die behördliche Weisung an den Ruhestandsbeamten, sich (amts-)ärztlich untersuchen zu lassen (Untersuchungsanordnung) stellt eine Ermessensentscheidung dar, die als solche nur eingeschränkt gerichtlich überprüft werden kann. Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn sich aus den medizinischen Aussagen der vorliegenden amtsärztlichen Gutachten eindeutig ergibt, dass der Beamte aufgrund der Schwere seiner Erkrankung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze ein Restleistungsvermögen, das ihm die Wiederaufnahme des Dienstes ermöglichen könnte, nicht mehr erlangen wird.
Dies hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einem Urteil vom 11.03.2025 entschieden. In der Sache ging es um einen ehemaligen Justizinspektor, der Ende der 90’er Jahre Lebenszeitbeamter geworden war, dann aber bereits seit 2001 krankheitsbedingt häufige Fehlzeiten aufwies. Im Jahr 2002 wurde er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Im Vordergrund stand eine schwere seelische Störung. Seine Dienstfähigkeit wurde bereits 2003 erneut überprüft. Das Ergebnis war wiederum negativ. Weitere Untersuchungen folgten 2005, 2009, 2012, 2016 und 2020. Alle Gutachten bestätigten übereinstimmend das Fortbestehen der Dienstunfähigkeit. Das letzte Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit nicht zu rechnen sei. Im September 2020 wurde der Beamte darüber informiert, dass seine Reaktivierung derzeit nicht beabsichtigt sei, jedoch nach Ablauf von vier Jahren eine erneute Untersuchung angeordnet werde. Dagegen erhob der Beamte Einwendungen und bat um die Erteilung einer Zusicherung, Untersuchungsanordnungen künftig zu unterlassen, weil sich sein Gesundheitszustand nicht mehr bessern werde und ihn die regelmäßigen Untersuchungen belasten. Der Dienstherr lehnte die Erteilung einer solchen Zusicherung ab.
Der Beamte erhob Klage. Das zuständige Verwaltungsgericht Oldenburg wies die Klage in erster Instanz ab, die Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte Erfolg. Das OVG stellt fest, dass der Beamte nicht verpflichtet ist, aktuell und zukünftig an amtsärztlichen Untersuchungen zur Klärung seiner Dienstfähigkeit mitzuwirken. Aus den medizinischen Aussagen der vorliegenden amtsärztlichen Gutachten ergebe sich für den erkennenden Senat eindeutig, dass der Beamte aufgrund seiner schweren, chronifizierten psychischen Erkrankung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze ein Restleistungsvermögen, das ihm die Wiederaufnahme des Dienstes ermöglichen könnte, nicht mehr erlangen wird, weil ein solches nur erreicht werden könne, wenn er sich in Therapie begebe, was er indes – gerade auch krankheitsbedingt – ablehne.
Niedersächsisches OVG – U.v. 11.03.2025 – 5 LB 54/23
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