Vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen, wirtschaftlicher Unsicherheiten und regulatorischer Veränderungen hat das IDW am 27.06.2025 einen Fachlichen Hinweis zur IFRS-Halbjahresberichterstattung zum 30.06.2025 veröffentlicht. Ziel ist es, bilanzierende Unternehmen bei der sachgerechten Darstellung von Risiken und Unsicherheiten im Zwischenabschluss zu unterstützen und das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer zu stärken.
Der Hinweis adressiert zentrale Themen der Rechnungslegung:
- Werthaltigkeit von Vermögenswerten: Unternehmen müssen Wertminderungen prüfen, insbesondere bei Sachanlagen, Vorräten und immateriellen Vermögenswerten. Prognosen sind unter Berücksichtigung aktueller Marktbedingungen und Sensitivitätsanalysen zu erstellen (IAS 36).
- Finanzinstrumente: Die Bewertung erwarteter Kreditverluste ist angesichts erhöhter Ausfallrisiken anzupassen. Ermessensspielräume und Modellanpassungen sind transparent darzustellen (IFRS 9).
- Verbindlichkeiten und Covenants: Zahlungsverzögerungen oder Vertragsverstöße können Rückzahlungsverpflichtungen auslösen. Offenlegungspflichten gemäß IAS 34.15B sind zu beachten.
- Rückstellungen: Belastende Verträge und Restrukturierungsmaßnahmen erfordern Rückstellungen nach IAS 37. Gesetzesänderungen sind ebenfalls zu berücksichtigen.
- Umsatzrealisierung und Ertragsteuern: Zahlungsrisiken können zu Vertragsneubewertungen führen (IFRS 15). Latente Steuern sind bei geänderten Prognosen ggf. abzuwerten.
- Going Concern und Schätzungen: Die Fortführungsprognose ist unter Unsicherheit kritisch zu prüfen. Ermessensentscheidungen und Annahmen sind nachvollziehbar offenzulegen (IAS 1).
Das IDW betont die Einzelfallbezogenheit der Auswirkungen und empfiehlt eine transparente, konsistente Berichterstattung.
In Deutschland kommen bei der Rechnungslegung zwei zentrale Standards zur Anwendung: das Handelsgesetzbuch (HGB) und die International Financial Reporting Standards (IFRS). Die Wahl des Standards hängt maßgeblich vom Unternehmenszweck und der Kapitalmarktorientierung ab.
Das HGB gilt grundsätzlich für alle Kaufleute und Kapitalgesellschaften mit Sitz in Deutschland. Es ist verpflichtend für Einzelabschlüsse und maßgeblich für steuerliche Zwecke. Der Schwerpunkt liegt auf dem Vorsichtsprinzip und dem Schutz der Gläubiger. Gewinne dürfen erst bei Realisierung verbucht werden, Verluste hingegen sofort. Ziel ist eine möglichst konservative Darstellung der wirtschaftlichen Lage.
Die IFRS hingegen sind international ausgerichtet und verpflichtend für börsennotierte Mutterunternehmen, wenn ein Konzernabschluss erstellt wird. Der Fokus liegt hier auf einem „true and fair view“, also der möglichst realistischen Abbildung von Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, oft basierend auf aktuellen Marktwerten. Steuerlich sind sie nicht relevant.
Unternehmen ohne Kapitalmarktorientierung können freiwillig nach IFRS bilanzieren, etwa zur besseren Darstellung gegenüber internationalen Stakeholdern oder bei geplanter Börsennotierung.