marktbericht
Die Risikofreude ist zurück, der DAX legt recht deutlich zu. Experten trauen dem deutschen Leitindex bald die Rückkehr über 24.000 Punkte zu. Auch die Wall Street dürfte den Aufwärtstrend stützen.
Der DAX notiert gegen Mittag 0,8 Prozent fester bei 23.680 Punkten. Der deutsche Leitindex ist also wieder auf Erholungskurs, nachdem er zur Wochenmitte noch 0,6 Prozent eingebüßt hatte. „Der Waffenstillstand zwischen Iran und Israel hält, und damit sind auch die Gewinnmitnahmen im DAX von gestern bereits wieder vergessen. Die Beruhigung der geopolitischen Lage ruft jetzt die Schnäppchenjäger auf den Plan“, kommentiert Jochen Stanzl, Marktanalyst bei CMC Markets.
Andere Themen könnten jetzt wieder ihr Potenzial entfalten, die Kurse am Aktienmarkt zu drücken. Das große Thema Zollkonflikt rücke wieder in den Blickpunkt der Märkte, schreibt Manfred Schlumberger, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Fürstlich Castell’schen Bank. „Man hört wenig von Verhandlungsfortschritten, muss aber davon ausgehen, dass die Zölle gekommen sind, um zu bleiben. Mit Zöllen in Höhe von 10 bis 20 Prozent muss langfristig gerechnet werden“, so der Marktexperte. Nicht nur in den USA, sondern auch im Rest der Welt, beeinträchtigten diese Zölle das Wachstum.
Aus charttechnischer Sicht sind die Wachstumsperspektiven für den Aktienmarkt allerdings intakt. Gelänge dem DAX ein Durchbruch beim Widerstand bei 23.750/23.800 Punkten, würde ein direktes weiteres Stärkesignal entstehen und ein Hochlauf zur Marke von 24.000 Punkten wahrscheinlich werden, stellt ING-Charttechnikexperte Christian Zoller fest. „Zudem könnte die bullische Saisonalität ab Anfang Juli dem DAX weiteren Rückenwind geben.“ Mit „Bullen“ sind im Börsenjargon diejenigen Anleger gemeint, die auf steigende Kurse setzen.
Auch die Charttechniker von HSBC sind optimistisch: Perspektivisch dürfte das Aktienbarometer Kurs auf das bisherige Rekordhoch bei 24.479 Punkten nehmen, heißt es in ihrem Tageskommentar.
Die US-Börsen könnten heute Unterstützung leisten, denn aktuell deuten die Futures auf einen soliden Handelsstart hin. Aus den USA stehen heute unter anderem die Industrieaufträge für langlebige Güter und die US-Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe auf dem Plan, die beachtenswert sind. Es zeichnet sich nach Einschätzung der Helaba ein kräftiger Auftragsanstieg ab, wobei die Konsensschätzung noch übertroffen werden könnte.
„Alles in allem dürften die Zinssenkungserwartungen wohl nicht forciert werden“, so die Experten mit Blick auf die US-Notenbank Federal Reserve. „Diese sind seit der FOMC-Entscheidung in der letzten Woche etwas gestiegen und bis zum Ende dieses Jahres werden zwei Zinssenkungen von jeweils 25 Basispunkten wieder vollständig eingepreist.“ FOMC ist der Offenmarktausschuss der Fed, in dem die geldpolitischen Weichen gestellt werden.
Der Kurs des Euro ist über 1,17 Dollar gestiegen und erreichte den höchsten Stand seit mehr als dreieinhalb Jahren. Heute kostete die Gemeinschaftswährung zeitweise 1,1742 Dollar. So hoch stand der Kurs zuletzt im September 2021. Im weiteren Handelsverlauf musste der Euro aber einen Teil der frühen Gewinne wieder abgeben und wurde zuletzt unter 1,17 Dollar gehandelt.
Am Markt wurde auf einen Bericht der Wirtschaftszeitung Wall Street Journal zur Nachfolge von US-Notenbankpräsident Jerome Powell verwiesen. Demnach könnte US-Präsident Donald Trump bereits im September oder Oktober über die Nachfolge entscheiden, obwohl Powell noch bis Mai 2026 im Amt ist. Diese ungewöhnlich frühe Ernennung könnte einen „Schatten-Fed-Vorsitzenden“ schaffen.
Trump hatte den amtierenden Fed-Vorsitzenden Powell zuletzt mehrfach scharf kritisiert und vehement eine Zinssenkung gefordert. Der Medienbericht über die mögliche frühe Nachfolgeregelung hat am Markt die Erwartungen verstärkt, dass die Zinsen in den USA früher als bisher gedacht sinken könnten.
Starke Geschäftszahlen und überraschend positive Prognosen des Speicherchipherstellers Micron Technology treiben auch die Aktien deutscher Branchentitel an. Die Aktien der beiden Anlagenhersteller für die Halbleiterindustrie Aixtron und Suss Microtec legen zu. Auch Papiere des Chip-Herstellers Infineon steigen, genauso wie Titel des Wafer-Herstellers Siltronic.
Neuer Rekord für Nvidia: Der US-Chipentwickler hat gestern zum Handelsschluss in New York einen Börsenwert von rund 3,76 Billionen Dollar erreicht. Der Aktienkurs des Konzerns aus dem kalifornischen Santa Clara legte um mehr als 4,3 Prozent auf über 154 Dollar zu. Mit diesem Sprung festigt Nvidia seinen Platz als wertvollstes Unternehmen, den der Chip-Hersteller vor einigen Tagen dem Tech-Giganten Microsoft abnahm.
Die EU-Kommission befürchtet angesichts der geplanten Übernahme des Nahrungsmittelherstellers Kellanova durch den US-Lebensmittelkonzern Mars höhere Preise für Verbraucher. Hintergrund ist eine größere Verhandlungsmacht von Mars gegenüber Einzelhändlern in der EU, teilte die Kommission mit. Bis zum 31. Oktober will die Behörde nun entscheiden, ob ihre Sorge begründet ist und sie weitere Schritte einleitet.
Das Solarunternehmen Meyer Burger hat gestern in den USA einen Insolvenzantrag nach Chapter 11 gestellt, um die amerikanische Tochtergesellschaft zu sanieren. Eine Sprecherin bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP entsprechende Medienberichte. Wie bereits Ende Mai gemeldet, hat Meyer Burger wegen finanzieller Schwierigkeiten in den USA alle 282 Mitarbeitenden entlassen und die Produktion von Solarmodulen gestoppt. Anfang Juni hat das Unternehmen auch für die deutschen Töchter die Insolvenz beantragt.
Der Ölmulti Shell führt nach eigener Aussage keine Übernahmegespräche mit dem Rivalen BP. Das sagte gestern ein Sprecher von Shell. Zuvor hatte das Wall Street Journal unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Personen berichtet, Firmenvertreter von Shell und BP führten erste aktive Gespräche.
„Dies ist eine weitere Marktspekulation“, sagte der Shell-Sprecher. „Wie wir schon oft gesagt haben, konzentrieren wir uns voll und ganz darauf, den Wert von Shell zu steigern, indem wir uns weiterhin auf Leistung, Disziplin und Vereinfachung konzentrieren.“ Ein Sprecher von BP lehnte eine Stellungnahme ab.