Ist in einem solchen Fall allein die Kfz-Haftpflichtversicherung zuständig, die Versicherung des Anhängers – oder sind womöglich beide in der Pflicht? Mit dieser Rechtsfrage setzte sich der Bundesgerichtshof (BGH) zuletzt Ende 2023 auseinander.
Kfz-Versicherung fordert Beteiligung der Anhängerversicherung am Schadenersatz
Eine Autofahrerin verursachte beim Rückwärtsfahren mit einem Gespann aus Pkw und Anhänger einen Unfall. Interessant dabei: Fahrzeug und Anhänger waren bei unterschiedlichen Versicherungsgesellschaften versichert. Die Kfz-Haftpflichtversicherung übernahm zunächst den vollen Schaden von 930 Euro für den Geschädigten. Im Anschluss verlangte sie 465 Euro von der Versicherung des Anhängers zurück – also die Hälfte der Schadenssumme. Sie stützte sich dabei auf § 426 BGB, wonach bei einer gemeinsamen Haftung beide Parteien anteilig aufkommen müssten.
Die Versicherung des Anhängers weigerte sich jedoch zu zahlen. Ihrer Auffassung nach sei gemäß § 19 Absatz 4 StVG ausschließlich der Halter – und damit in der Praxis meist die Kfz-Versicherung – für Schäden verantwortlich, die beim Betrieb des Fahrzeugs entstehen. Die Kfz-Versicherung zog daraufhin vor das Landgericht Hannover.
Argument der Klägerseite: Rückwärtsfahren ist kein „Ziehen“
Die klagende Versicherung argumentierte, dass das Rückwärtsfahren nicht unter den Begriff des „Zugvorgangs“ falle. Ihrer Auffassung nach liegt „Ziehen“ nur dann vor, wenn sich das Gespann nach vorn bewegt. Das war in diesem Fall jedoch nicht gegeben, da die Fahrerin rückwärtsfuhr. Eine besondere Gefährdung durch den Anhänger – etwa aufgrund seiner Größe oder technischer Mängel – sei ebenfalls nicht erkennbar gewesen.
Das Landgericht Hannover schloss sich der Sichtweise der Beklagten an und wies die Klage ab. Die unterlegene Versicherung ging daraufhin in Revision – der Fall landete beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
BGH: Rückwärtsfahren zählt als Ziehen im Sinne des StVG
Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Urteil vom 14. November 2023 (Az.: VI ZR 98/23) klar: Auch das Rückwärtsfahren mit Anhänger stellt ein „Ziehen“ im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes dar. Die Revision gegen das Urteil des LG Hannover wurde abgelehnt.
Nach Ansicht des BGH sei es unerheblich, ob der Anhänger im konkreten Fall geschoben oder gezogen werde. Maßgeblich sei allein, dass er grundsätzlich dazu bestimmt sei, von einem Kraftfahrzeug bewegt zu werden. Der Begriff „Ziehen“ im Gesetz sei lediglich sprachlich überarbeitet worden – ohne eine inhaltliche Änderung zu bewirken. Zuvor war in der Gesetzesfassung noch vom „Mitführen“ die Rede gewesen.
Fazit: Alleinige Haftung der Kfz-Versicherung
Letztlich urteilten die Richter: Die Haftung liegt ausschließlich bei der Kfz-Versicherung. Die Anhängerversicherung ist in einem solchen Fall nicht zum Kostenersatz verpflichtet – selbst wenn das Gespann rückwärts bewegt wurde.
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