Volkswagen baut um. Im Zuge der Umstellung auf Elektromobilität und angesichts wirtschaftlicher Herausforderungen will der Konzern bis 2030 weltweit rund 35.000 Stellen abbauen. Statt betriebsbedingter Kündigungen setzt VW auf freiwillige Austrittsangebote mit teils spektakulären Abfindungen. Für viele Mitarbeiter stellt sich nun die Frage: Lohnt es sich, freiwillig zu gehen – und was ist dabei arbeitsrechtlich zu beachten?
Abfindung statt Kündigung: Die VW-Strategie
Volkswagen bietet verschiedenen Arbeitnehmergruppen die Möglichkeit, gegen eine Abfindung oder Altersteilzeitvereinbarung aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Diese Programme richten sich an alle Mitarbeitertypen – von der Verwaltung bis zur Produktion. Besonders im Fokus: Jahrgänge 1969/1970, für die sich das Modell Altersteilzeit lohnt. Jüngere Arbeitnehmer wiederum erhalten zum Teil sechsstellige Abfindungsangebote, um Platz für den Konzernumbau zu schaffen. Im Raum stehen Summen von bis zu 400.000 Euro.
Was ist eine Abfindung rechtlich betrachtet?
Abfindungen sind freiwillige Leistungen des Arbeitgebers zur Kompensation des Arbeitsplatzverlustes. Ein gesetzlicher Anspruch besteht in der Regel nicht. Sie werden zumeist im Rahmen eines Aufhebungsvertrags vereinbart, in dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden. Damit entfallen reguläre Kündigungsfristen und der Kündigungsschutz – das birgt Chancen, aber auch Risiken.
Aufhebungsvertrag: Vorsicht vor Übereilung
Ein Aufhebungsvertrag sollte niemals unüberlegt unterschrieben werden. Arbeitnehmer verzichten damit auf Kündigungsschutz und Klagemöglichkeiten. Zudem kann ein solcher Vertrag zur Verhängung einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen. Die Agentur für Arbeit unterstellt dann eine selbstverschuldete Arbeitslosigkeit und zahlt für bis zu 12 Wochen kein ALG I.
Sperrzeit vermeiden: So geht’s
Eine Sperrzeit kann vermieden werden, wenn im Aufhebungsvertrag dokumentiert ist, dass eine betriebsbedingte Kündigung drohte und die Abfindung eine übliche Höhe (etwa 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr) nicht überschreitet. Auch muss die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten werden. Bestehen Zweifel, empfiehlt sich eine rechtliche Prüfung vor Vertragsunterzeichnung.
Ruhenszeit bei vorzeitigem Ausscheiden
Wird das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist beendet, droht neben der Sperrzeit auch eine Ruhenszeit. In dieser Zeit ruht der Anspruch auf ALG I, da der Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten hat, die eigentlich diesen Zeitraum finanziell überbrücken soll. Auch dieser Aspekt muss bei der Verhandlung des Beendigungszeitpunkts beachtet werden.
Steuerliche Aspekte nicht vergessen
Abfindungen unterliegen der Einkommenssteuer, können aber unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich begünstigt werden (Fünftelregelung). Es empfiehlt sich, die Abfindung möglichst in einem Kalenderjahr auszahlen zu lassen und gegebenenfalls steuerliche Beratung einzuholen.
Praktische Tipps für Arbeitnehmer
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Keine Eile: Niemals ohne rechtliche Beratung einen Aufhebungsvertrag unterschreiben.
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Beratung suchen: Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht prüft Inhalte, Verhandlungsoptionen und arbeitsrechtliche Risiken.
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Abfindungshöhe vergleichen: Übliche Sätze liegen bei 0,5–1 Monatsgehältern pro Jahr Betriebszugehörigkeit.
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Kündigungsfristen beachten: Der Beendigungszeitpunkt sollte mit der ordentlichen Frist übereinstimmen.
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Arbeitsagentur informieren: Innerhalb von 3 Tagen nach Unterzeichnung arbeitssuchend melden.
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ALG-Anspruch berechnen: ALG I deckt etwa 60–67 % des Nettolohns.
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Krankenversicherung sichern: In der Sperrzeit ist ggf. eine freiwillige Versicherung nötig.
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Zeugnisanspruch sichern: Ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis sollte Bestandteil des Vertrags sein.
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Zukunftsplanung: Abfindung kann Brücke zum neuen Job oder zur Frührente sein – aber gut kalkulieren!
Mega-Abfindung? Ja, aber mit Verstand.
Das VW-Abfindungsprogramm kann für viele Arbeitnehmer eine Chance sein – sei es zum beruflichen Neuanfang oder zur vorgezogenen Rente. Doch: Eine Abfindung ersetzt keinen sicheren Arbeitsplatz. Wer unterschreibt, verzichtet auf viele arbeitsrechtliche Schutzmechanismen. Deshalb gilt: Keine Unterschrift ohne juristische Prüfung. Fachanwalt Dr. jur. Jens Usebach LL.M. unterstützt Arbeitnehmer dabei, Risiken zu erkennen, Chancen zu nutzen und das Beste aus dem VW-Angebot herauszuholen.
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. jur. Jens Usebach LL.M. von der kanzlei JURA.CC bearbeitet im Schwerpunkt das Kündigungsschutzrecht im Arbeitsrecht. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht vertritt Mandanten außergerichtlich bei Aufhebungsverträgen und Abwicklungsverträgen bei der Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber. Soweit erforderlich erfolgt eine gerichtliche Vertretung bei der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel für den Arbeitnehmer eine angemessene und möglichst hohe Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, ein sehr gutes Arbeitszeugnis für zukünftige Bewerbungen oder auch die Rücknahme der Kündigung und die Weiterbeschäftigung zu erzielen.
Mehr Informationen unter www.JURA.CC oder per Telefon: 0221-95814321