Die Werbung für Publikums-AIF (Alternative Investmentfonds) unterliegt strengen regulatorischen Vorgaben, die Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) und Vertriebspartner beachten müssen. Ein aktueller Beitrag von Osborne Clarke beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und gibt praktische Hinweise für eine konforme Gestaltung von Marketingmaßnahmen .
1. Was gilt als Werbung?
Der Begriff „Werbung“ im Kontext von Publikums-AIF ist weit gefasst. Er umfasst alle Mitteilungen, die darauf abzielen, Interesse am Erwerb eines Fonds zu wecken oder zu steigern, unabhängig von Form und Format. Dazu zählen:
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Klassische Werbeanzeigen in Print und Online
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Pitch Decks, Broschüren und Präsentationen
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Presseartikel und -mitteilungen
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Interviews, Videos und Podcasts
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Social-Media-Posts
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Websites des Fondsanbieters
Nicht als Werbung gelten rechtliche Pflichtinformationen wie Verkaufsprospekte, ESG-Anhänge, PRIIP-Basisinformationsblätter (BIB), Gesellschaftsverträge, Anlagebedingungen und Jahresberichte. Auch allgemeine Unternehmensmitteilungen, die sich nicht auf ein konkretes Produkt beziehen, fallen nicht unter den Werbungsbegriff.
2. Rechtlicher Rahmen
Die Anforderungen an die Werbung für Publikums-AIF ergeben sich aus verschiedenen Rechtsgrundlagen:
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Artikel 4 Abs. 1 und 5 der Verordnung (EU) 2019/1156
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Artikel 36 und 44 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565
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§ 302 Abs. 1, 2 und 3 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)
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§ 14 Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV)
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ESMA-Leitlinien zu Marketing-Anzeigen
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BaFin-Merkblatt für Anzeigen zum beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF an Privatanleger
Diese Regelwerke bilden den rechtlichen Rahmen für jegliche Marketingaktivitäten im Bereich der Publikums-AIF.
3. Zeitpunkt der Werbung
Vor der Genehmigung des Vertriebs nach § 316 KAGB sind Werbemaßnahmen stark eingeschränkt. In dieser Phase gilt:
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Keine Veröffentlichung konkreter Produktbezeichnungen
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Keine Publikation von Details zur Anlagestrategie
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Kein Inaussichtstellen wirtschaftlicher Kennzahlen oder finanzieller Prognosen
Erlaubt ist lediglich ein allgemeiner Hinweis, dass ein neuer AIF in Planung ist, etwa:
„Wir befassen uns mit der Auflage eines geschlossenen Publikums-AIF im Bereich Gewerbeimmobilien und Value-Add-Maßnahmen.“
Erst mit der Genehmigung des Vertriebs nach der Vertriebsanzeige sind umfassende Werbemaßnahmen zulässig. Dann können:
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Konkrete Produktbezeichnungen verwendet werden
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Detailangaben zur Anlagestrategie, ESG-Strategie und finanziellen Prognosen gemacht werden
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Informationen zur Mindestbeteiligung gegeben werden
Wichtig zu beachten ist, dass der Vertrieb nur durch die KVG und beauftragte Vertriebsgesellschaften erfolgen darf.
4. Inhaltliche Anforderungen an die Werbung
Die Werbung für Publikums-AIF muss bestimmten inhaltlichen Anforderungen genügen:
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Klare Kennzeichnung: Werbung muss als solche erkennbar sein, z. B. durch den Hinweis „Marketing-Anzeige“.
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Haftungsausschluss: Ein Hinweis wie „Dies ist eine Marketing-Anzeige. Bitte lesen Sie den Verkaufsprospekt des [Fondsname] und das PRIIP-BIB, bevor Sie eine endgültige Anlageentscheidung treffen.“ ist erforderlich.
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Ausgewogene Darstellung: Chancen und Risiken müssen gleichwertig dargestellt werden. Risikoinformationen dürfen nicht in Fußnoten oder mit kleinerer Schriftgröße präsentiert werden. Eine zweispaltige Tabelle oder Liste, in der Risiken und Chancen auf einer Seite gegenübergestellt werden, ist empfehlenswert.
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Adressatengerechte Sprache: Die verwendete Sprache muss verständlich sein. Auf übermäßig technische Ausdrücke sollte verzichtet werden.
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Kosteninformationen: Die Darstellung der Kosten muss transparent und vollständig sein, damit Anleger die Gesamtauswirkungen der Kosten auf ihre Anlage verstehen können.
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Nachhaltigkeitsaspekte: Bei der Bewerbung von Nachhaltigkeitsaspekten müssen die Informationen mit den Angaben in den rechtlichen und regulatorischen Dokumenten des Fonds übereinstimmen. Ein Link zur Webseite mit den Nachhaltigkeitsinformationen gemäß der Offenlegungsverordnung sollte aufgenommen werden.
5. Empfehlungen für die Praxis
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Vorabprüfung: Alle Werbematerialien sollten vor Veröffentlichung rechtlich geprüft werden.
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Schulung: Mitarbeiter und Vertriebspartner sollten regelmäßig zu den aktuellen rechtlichen Anforderungen geschult werden.
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Dokumentation: Alle Werbemaßnahmen sollten dokumentiert und archiviert werden, um im Falle einer Prüfung durch die BaFin oder andere Aufsichtsbehörden Nachweise erbringen zu können.
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Transparenz: Eine transparente und verständliche Kommunikation stärkt das Vertrauen der Anleger und minimiert rechtliche Risiken.
Rechtsanwalt Johannes Goetz, Partner bei Klamert & Partner PartGmbB, München, ist seit 2012 im Bank- und Kapitalmarktrecht tätig und berät und vertritt Kapitalanlage-Unternehmen in allen Belangen der rechtskonformen Aquise. Er steht für ein Erstgespräch zur Verfügung.
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