Ein Anwalt, der sich bei der Universität Düsseldorf beworben hatte, bekommt 1000 Euro Entschädigung. Die Hochschule hatte den Mann gegoogelt, ihn über die gewonnenen Erkenntnisse aber nicht informiert.
Müssen Arbeitgeber, die im Rahmen eines Bewerbungsprozesses Google-Recherchen über Bewerber:innen tätigen, diese darüber informieren?
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf und das Bundesarbeitsgericht meinen ja. Andernfalls bestehe ein Schadensersatzanspruch.
Der Fall
In dem zugrunde liegenden Fall bewarb sich ein Fachanwalt für Arbeitsrecht auf eine Stelle bei der Uni Düsseldorf und war zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Der Name des Bewerbers war dem Personalleiter bekannt vorgekommen, so dass er den Anwalt kurz vor dem Gespräch gegoogelt hatte. Dabei war er auf ein Strafverfahren wegen mehrerer versuchter Betrugsvorwürfe aufmerksam geworden. Er soll Bewerbungen vorgetäuscht haben, um Entschädigungszahlungen nach dem AGG beanspruchen zu können. In dem Vorstellungsgespräch sprachen die Beteiligten über einen Wikipedia-Eintrag des Bewerbers und darüber, dass er „prominent“ sei. Das Strafverfahren wurde dabei nicht explizit erwähnt.
Der Bewerber wurde abgelehnt und eine Mitbewerberin mit besseren Examensnoten erhielt die Stelle. Daraufhin hatte der Anwalt Entschädigung von der Uni Düsseldorf gemäß § 15 AGG, Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns nach fehlerhafter Bewerberauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit § 280 BGB und materiellen und immateriellen Schadensersatz gem. Art. 82 Abs. 1 und 2 DSGVO geltend gemacht. U.a. sei die eingestellte Bewerberinnen jünger als er und die Daten über das Strafverfahren hätten nicht erhoben und auch nicht verarbeitet werden dürfen.
Die Uni Düsseldorf vertritt die Auffassung, der klagende Anwalt sei zutreffend beurteilt worden. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts könne die Uni niemanden mit einer, wenn auch damals noch nicht rechtskräftigen Verurteilungen einstellen. Das Risiko der charakterlichen Ungeeignetheit müsse vermieden werden. Die Uni erkenne allerdings an, dass sie den Anwalt über die Google-Recherche und die daraus gewonnenen Erkenntnisse hätte informieren müssen. Im Übrigen habe nur der Personalleiter von dem Strafurteil gewusst. Die anderen Teilnehmenden seien ahnungslos gewesen. Die Informationen seien zudem öffentlich zugänglich gewesen und daher überhaupt keine relevante Information im Sinne der DSGVO.
Das Googeln von Bewerbern ist grundsätzlich zulässig
Ob dies auch für anlasslose Recherchen gilt, ließ das LAG offen. Im vorliegenden Fall sei die Recherche jedenfalls im Sinne des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO notwendig gewesen, um die Eignung des Bewerbers beurteilen zu können. Zudem ergebe sich die Zweckbindung des Einstellungsverfahrens im öffentlichen Dienst aus Art. 33 Abs. 2 GG. Bei Durchsicht der Bewerbungsunterlagen war der Name des Bewerbers aufgefallen. Dies weckte Aufmerksamkeit und führte zu einer genaueren Prüfung, der Google-Recherche. Der Bewerber lieferte damit konkrete Anhaltspunkte, die eine vertiefte Überprüfung rechtfertigten.
Bewerber müssen informiert werden
Jedoch hätte der Bewerber informiert werden müssen. Gemäß Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO müssen Bewerber:innen grundsätzlich über die Erhebung der Daten im Rahmen der Internetrecherche informiert werden. Diese Informationen über die Daten müssten derart präzise und spezifisch gefasst sein, dass die betroffene Person, die mit der Datenverarbeitung verbundenen Risiken abschätzen könne. Die Informationspflichten stehen also in direktem Zusammenhang mit dem Verarbeitungsvorgang und sollen eine faire und transparente Datenverarbeitung sicherstellen.
Schadensbemessung
Bei der Bemessung der Höhe des nach Art. 82 DSGVO zu ersetzenden immateriellen Schadens spiele der Verschuldensgrad des Verantwortlichen keine Rolle. Zu berücksichtigen war hier allerdings das negative Ausmaß der Informationen aufgrund der nicht rechtskräftigen Verurteilung. Dem Bewerber hätte die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben werden müssen. Die Universität habe ihn stattdessen im Bewerbungsverfahren aufgrund der damaligen Verurteilung für ungeeignet erachtet, ohne dies mitzuteilen. Dies habe unter anderem seinen Achtungsanspruch als Person herabgesetzt und einen erheblichen Kontrollverlust mit negativen Auswirkungen auf die Auswahlentscheidung im Bewerbungsprozess bewirkt.
Kausalität von Verstoß und Schaden
Nicht jeder Verstoß gegen die DSGVO löst automatisch einen Schadensersatzanspruch aus. Es muss ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden sein, den die betroffene Person nachzuweisen hat. Dabei reicht bereits die Befürchtung des Missbrauchs personenbezogener Daten oder der Kontrollverlust über die Daten, um einen ersatzfähigen immateriellen Schaden darzustellen. Der Schaden muss zudem auch gerade durch den Rechtsverstoß gegen die DSGVO entstanden sein.
LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.04.2024 – 12 Sa 1007/23
BAG, Urteil vom 05.06.2025 – 8 AZR 117/24