marktbericht
Fünf Verlusttage in Folge haben die jüngste DAX-Rally ausgebremst. Zur unklaren Lage in den zahlreichen Handelskonflikten kommen geopolitische Sorgen. Auch die Wall Street kommt nicht vom Fleck.
Der Wind an der Börse hat spürbar gedreht. Der DAX beendete den fünften Handelstag in Folge mit Abschlägen und ging 0,74 Prozent tiefer bei 23.771 Punkten aus dem Handel. Positive Nachrichten aus Washington über die Entwicklungen im Zollstreit zwischen den USA und China zeigen keine Wirkung, zu unbestimmt sind die Ergebnisse der Verhandlungen.
Die Investoren sorgen sich außerdem wegen eines möglichen Angriffs Israels auf den Iran. Etwas Entspannung brachte aber die Nachricht, dass die USA und der Iran am Sonntag über ein neues Atomabkommen sprechen wollen.
„Beim DAX ist die Luft raus“, konstatierte Marktstratege Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Heute entfernte er sich weiter von seinem Rekordhoch von vor einer Woche bei 24.479 Punkten. Damit hat sich auch die technische Lage des Leitindex eingetrübt.
Die Verhandlungen zwischen den USA und China brachten nicht den erhofften Impuls für die Börsen. „Den Märkten waren die Ergebnisse zu wenig, wie auch die genauen Details zu den Verhandlungen. Der Handelsstreit zwischen Washington und Peking ist noch nicht vom Tisch“, stellt Christian Henke, Marktexperte beim Broker IG, fest.
In der schwierigen Marktsituation interessierten sich die Anleger nur am Rande für die heutigen Konjunkturprognosen der Wirtschaftsinstitute. Dabei haben sich die Erwartungen der Ökonomen verbessert. Nach zwei Rezessionsjahren trauen sie der deutschen Wirtschaft wieder etwas Wachstum zu.
Mehrere führende Forschungsinstitute erhöhten ihre Konjunkturprognosen für 2025 und 2026 und begründeten ihren Optimismus mit dem überraschend guten Start ins laufende Jahr sowie Rückenwind durch die neue Bundesregierung.
Die OECD kommt in ihrer neuen Prognose heute zum Schluss, dass mutige Reformen Deutschlands Ausweg aus der Wirtschaftsflaute sind.
Auch die Wall Street tendiert schwächer. Der Dow Jones hat seine Anfangsverluste von einem halben Prozent derzeit allerdings fast egalisiert.
Die Technologietitel notieren mittlerweile wenige Punkte im Plus.
Die verhaltene Entwicklung der Erzeugerpreise im Mai konnte den Markt etwas stützen. Diese stiegen mit 0,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat etwas weniger als erwartet, was weiter keinen inflationären Druck signalisiert. Zugleich lag die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe mit 248.000 etwas höher als von Ökonomen prognostiziert, was die jüngsten Signale einer konjunkturellen Abkühlung verstärkt.
Die Anleger blicken nun gespannt auf eine Auktion 30-jähriger US-Anleihen über 22 Milliarden Dollar. Einige Analysten rechnen wegen der Wirtschafts- und Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump mit einer schwächeren Nachfrage. Außerdem hatten sich Marktbeobachter zuletzt besorgt wegen der Höhe der US-Verschuldung gezeigt. Im Mai hatten diese Sorgen die Rendite der 30-jährigen Anleihen auf bis zu 5,16 Prozent getrieben, den höchsten Stand seit gut anderthalb Jahren.
Generell sind Anleihen mit sehr langer Laufzeit wegen der Unsicherheit weltweit derzeit weniger gefragt, was die Renditen und damit die Kreditkosten der US-Regierung nach oben treibt. Höhere Anleihezinsen machen Rentenpapiere im Vergleich zu anderen Anlagen attraktiver, was sich negativ auf den Aktienmarkt auswirken könnte.
Der Euro profitiert weiter von der Schwäche des Dollar und erreichte den höchsten Stand seit dreieinhalb Jahren. Im Mittagshandel legte die Gemeinschaftswährung bis auf 1,1628 Dollar zu. So hoch hatte der Euro zuletzt Ende 2021 notiert. Erneut haben Sorgen vor den Folgen der aggressiven Zollpolitik der US-Regierung die amerikanische Währung belastet, während alle anderen wichtigen Währungen zulegen konnten.
Am frühen Abend kostet eine Feinunze Gold an der Börse in London 3.388 Dollar. Gestern wurde das Edelmetall noch etwa 70 Dollar tiefer gehandelt. Mit dem jüngsten Anstieg nähert sich der Goldpreis wieder dem Rekordhoch, das im April bei 3.500 Dollar erreicht worden war. Im Tagesverlauf verstärkte die ausgeprägte Dollar-Schwäche die Nachfrage nach Gold.
Weil Gold überwiegend in Dollar gehandelt wird, macht eine schwache US-Währung das Edelmetall auf dem Weltmarkt günstiger. Als wesentlicher Preistreiber am Goldmarkt gilt zudem die Furcht vor einer Eskalation im Nahen Osten.
Sorgen um Versorgungsunterbrechungen im Nahen Osten hatten die Ölpreise zunächst in Richtung 70 Dollar pro Barrel (159 Liter) getrieben. „Berichte deuten darauf hin, dass Israel einen Angriff auf den Iran vorbereiten könnte, eine Eskalation, die die Versorgung aus der wichtigsten ölproduzierenden Region der Welt gefährden könnte“, kommentierte Ricardo Evangelista, Analyst beim Broker ActivTrades.
Allerdings fielen die Notierungen im Verlauf wieder zurück. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostet zur Stunde 69,56 Dollar, 0,5 Prozent weniger als gestern.
Im US-Handel steht die Aktie von Boeing unter Druck. Die Nachricht vom Absturz einer Maschine vom Typ Boeing 787 Dreamliner in Indien mit zahlreichen Todesopfern belastete. Der Absturz der Air-India-Maschine ist das erste derartige Unglück mit einem Dreamliner, seit das Großraumflugzeug 2009 auf den Markt kam.
Auch die Aktien europäischer Airlines fielen heute mit überdurchschnittlichen Kursverlusten auf. Für Anspannung sorgten die Krisensignale aus dem Nahen Osten. Die am Vorabend stark gestiegenen Ölpreise rückten auch wieder die Treibstoffkosten von Airlines in den Fokus.
Immerhin konnte die Lufthansa ihren Verlust am Nachmittag etwas verringern. „Auch wenn erst die erste Hälfte des Jahres vorbei ist, fliegen wir so stabil und so pünktlich wie sage und schreibe seit zehn Jahren nicht mehr“, sagte Lufthansa-Manager Klaus Froese. Die Ankunftspünktlichkeit liege in Frankfurt und München bei mehr als 80 Prozent.
Gestützt auf eine robuste Cloud-Nachfrage hat Oracle Quartalsergebnisse über Markterwartungen vorgelegt. Dieser Trend werde sich in den kommenden Monaten verstärken, prognostizierte Safra Catz, die Chefin des SAP-Rivalen. „Das Geschäftsjahr 2024/2025 war sehr gut. Wir glauben, dass das Geschäftsjahr 2025/2026 noch besser wird.“
Das Wachstum der Cloud-Sparte werde sich voraussichtlich auf 40 Prozent von 24 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten nahezu verdoppeln. Im abgelaufenen Quartal steigerte der US-Softwarekonzern seinen Umsatz währungsbereinigt um elf Prozent auf 15,9 Milliarden Dollar. Die SAP-Aktie konnte von den Perspektiven des Rivalen nicht profitieren und gab leicht nach.
Der Anteilsschein von BioNTech büßte über ein Prozent ein. Der Mainzer Biotechkonzern will den Tübinger Konkurrenten CureVac für rund 1,25 Milliarden Dollar per Aktientausch übernehmen. „Wir wollen komplementäre Fähigkeiten und Technologien zusammenbringen“, sagte BioNTech-Chef Ugur Sahin. „Unser Ziel ist es, die Entwicklung von innovativen und transformativen Krebsbehandlungen voranzutreiben und in den kommenden Jahren neue Behandlungsstandards für verschiedene Krebsarten zu etablieren.“
Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus rechnet für nächsten zwei Jahrzehnte mit einem wachsenden Bedarf an neuen Jets. In den Jahren bis 2044 würden voraussichtlich rund 43.400 neue Passagier- und Frachtflugzeuge benötigt, teilte der DAX-Konzern mit. Das sind rund 1.000 mehr als vor einem Jahr für die Zeit bis 2043 vorhergesagt. Die globale Flotte an Passagier- und Frachtjets dürfte sich damit auf mehr als 49.000 Maschinen verdoppeln.