Anbieterübergreifendes Einzahlungslimit gemäß § 6c GlüStV 2021 als Schutzgesetz anerkannt
Die sogenannte „WhiteList“ der Glücksspielaufsichtsbehörde gibt Aufschluss darüber, welche Anbieter von Online-Glücksspielen in Deutschland über eine gültige Lizenz verfügen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass eine behördliche Genehmigung keineswegs garantiert, dass die Betreiber sich auch tatsächlich gesetzeskonform und im Einklang mit den Lizenzvorgaben verhalten.
So haben wir bereits mehrfach auf Fälle hingewiesen, in denen lizenzierte Anbieter das gesetzlich festgelegte monatliche Einzahlungs- bzw. Einsatzlimit in Höhe von 1.000,00 € nicht eingehalten haben.
Diese Verstöße gegen das festgelegte Limit stellen eine Missachtung einer der zentralen Spielerschutzregelungen des deutschen Online-Glücksspielrechts dar. In einem aktuellen Beschluss vom 25. Juli 2024 hat der Bundesgerichtshof nochmals deutlich gemacht, welche erhebliche Bedeutung die Einhaltung dieser Grenze für den Schutz der Spieler hat:
„(a) Die Beschränkung des zulässigen monatlichen Höchsteinsatzes war gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 eine wesentliche Voraussetzung für die materielle Genehmigungsfähigkeit eines Glücksspielangebots und diente als zentrales Mittel zur Umsetzung des Spielerschutzes, wie ihn der Glücksspielstaatsvertrag 2012 vorsah. Diese Einsatzgrenze wurde in der erteilten Lizenz als Nebenbestimmung verankert (§ 4c Abs. 2 GlüStV 2012). Bei Verstößen gegen diese Auflagen konnte die zuständige Aufsichtsbehörde Maßnahmen ergreifen (§ 4e Abs. 4 GlüStV 2012), einschließlich eines möglichen Widerrufs der Konzession als letzte Maßnahme (§ 4e Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 GlüStV 2012).“
(BGH, Beschluss vom 25.07.2024 – I ZR 90/23)
In einem von uns geführten Verfahren hat das Landgericht Stuttgart am 30. August 2024 eine Entscheidung in Bezug auf das aktuelle, anbieterübergreifende Einzahlungslimit von 1.000,00 € gemäß § 6c GlüStV 2021 getroffen. Das Gericht beurteilte die genannte Regelung als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.
„Bei § 6c Abs. 6 S. 6 GlüStV a.F. handelt es sich um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 EGBGB, das sowohl sachlich als auch persönlich das Interesse des Klägers erfasst. Der Schutzzweck dieser Vorschrift stimmt im Wesentlichen mit den Zielen des GlüStV a.F. überein. Auch wenn der Staatsvertrag ordnungspolitische und öffentlich-rechtliche Anliegen verfolgt, sind laut § 1 GlüStV a.F. sämtliche Zielsetzungen gleichrangig zu behandeln. § 6c Abs. 6 S. 6 GlüStV a.F. zielt dabei konkret darauf ab, Wettsucht zu verhindern und die Grundlage für eine effektive Suchtprävention zu schaffen. Er dient somit nicht nur der Allgemeinheit, sondern auch dem individuellen Schutz einzelner Spieler. Er soll verhindern, dass süchtiges Verhalten zu übermäßiger Nutzung von Online-Sportwetten führt (vgl. LG Heidelberg, Urt. v. 7.12.2023 – 50 5/23, BeckRS 2023, 46707; Ruttig/Lücker, ZfWG 2023, 243, 245 f.). Zudem reagiert die Selbstlimitierung auf die besonderen Risiken des Online-Glücksspiels (vgl. Landtag BW, Drucksache 16/9487, S. 121). Die gesetzlich festgelegte Obergrenze unterstützt die Zielverfolgung des § 1 GlüStV a.F. Sie schützt insbesondere vor unverhältnismäßig hohen Ausgaben im Zusammenhang mit Online-Glücksspiel und deren möglichen negativen Folgen (Landtag BW, Drucksache 16/9487, S. 122). Die Grenze von 1.000 € pro Monat soll exzessive Verluste eindämmen und so Spieler sowie deren Angehörige und Gläubiger vor Schäden bewahren (Landtag BW, Drucksache 16/9487, S. 123).“
(LG Stuttgart, Urteil vom 30.08.2024 – 48 O 143/23)
Das Gericht bestätigt damit ausdrücklich die gesetzgeberische Intention, Spieler sowie deren soziales und finanzielles Umfeld vor übermäßiger Spielausgaben zu schützen. Daraus folgt, dass auch das Vermögen des Spielers durch diese Regelung bewahrt werden soll.
Wie zu erwarten war, wurde dem Kläger vom Landgericht Stuttgart ein Anspruch auf Schadensersatz zugesprochen – konkret in der Höhe der Einzahlungen, die das gesetzliche Limit von 1.000,00 € pro Monat überstiegen hatten.
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