Deutschlands größter Hersteller von Segelyachten und Motorbooten steht vor einem Eignerwechsel. Wirtschaftlicher Druck erzwingt eine Restrukturierung. Der Vorstandsvorsitzende will als Eigner selbst mit ins Unternehmen einsteigen.
Das Unternehmen HanseYachts in Greifswald soll verkauft werden. Der internationale Finanzinvestor Aurelius will seinen bisherigen Mehrheitsanteil an den Familienunternehmer Andreas Müller sowie den Vorstandsvorsitzenden von HanseYachts, Hanjo Runde, verkaufen. Das teilte HanseYachts am Montag mit, ohne zunächst einen Kaufpreis oder weitere Details zur künftigen Aufteilung der Anteile zu nennen. HanseYachts ist Deutschlands führender Hersteller von Sportbooten. International rangiert das Unternehmen hinter der französischen Benetau-Gruppe beim Bau von Segelyachten auf Rang zwei. Zudem ist HanseYachts einer der zehn führenden Hersteller von Motorbooten.
„An diesem Wochenende hat sich die langjährige Mehrheitsaktionärin Aurelius mit dem deutschen Familienunternehmer Andreas Müller sowie dem Vorstandsvorsitzenden Hanjo Runde auf ein Eckdaten-Papier (,Term Sheet‘) geeinigt“, heißt es in der Mitteilung. „Darin wurden die wesentlichen Kernpunkte für eine Übernahme der Mehrheitsanteile von Aurelius an der HanseYachts AG vereinbart. Dieses Term Sheet ist Grundlage für weitere Verhandlungen zwischen den Parteien über die Transaktion und einen endgültigen Kaufvertrag.“ Die bayerische Alois Müller GmbH von Andreas Müller ist ein Hersteller unter anderem von Gebäude-, Klima-, Sanitär- und Heiztechnologie.
Teil der Verhandlungen ist eine Neuordnung der Finanzen und wohl auch ein Abbau von Stellen. Medien in Mecklenburg-Vorpommern hatten am Wochenende von einer Streichung von bis zu 200 der 800 in Greifswald existierenden Arbeitsplätze berichtet. HanseYachts beschäftigt zudem an seinem Standort im polnischen Goleniow weitere rund 640 Menschen. „Die Finalisierung der Transaktion soll unter dem Vorbehalt weiterer Vereinbarungen auch der HanseYachts AG stehen, insbesondere einer Einigung mit der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern, den finanzierenden Banken und dem Betriebsrat“, teile HanseYachts mit. „Unter anderem geht es dabei um die Restrukturierung bestehender Verbindlichkeiten. Ohne den Ergebnissen vorgreifen zu wollen, wird mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandelt. Die Beteiligten befinden sich dazu in intensiven und konstruktiven Gesprächen.“
Mit den Segelyacht-Marken Hanse, Dehler und Moody und den drei Motorboot-Marken Fjord, Sealine und Ryck produzierte HanseYachts im vergangenen Geschäftsjahr 2023/24 insgesamt 568 Boote, so viele wie nie zuvor. Die Marke Hanse ist stärker fokussiert auf das komfortable, die Marke Dehler auf das sportliche Segeln. Die Modelle der Marke Moody wiederum mit ihren Deckshäusern, den sogenannten Decksalons, sind vor allem auf die Langfahrt ausgerichtet. Seit Ende 2021 hatte Runde mit seinem Team HanseYachts saniert und es wieder profitabel gemacht. Im Geschäftsjahr 2023/24 lag der Umsatz von HanseYachts bei rund 185 Millionen Euro und der Nettogewinn bei rund 1,8 Millionen Euro.
Zur aktuellen Lage teilte das Unternehmen am Montag mit: „Trotz dieser operativen Erfolge bleibt die Branche erheblichen Belastungen ausgesetzt. Wir identifizieren drei wesentliche Ursachen, die auf das Unternehmen durchschlagen: Zum einen die globale wirtschaftliche Unsicherheit, zum zweiten die schwache Konjunktur in Kernmärkten wie den USA/Deutschland sowie drittens anhaltende geopolitische Konflikte und militärische Auseinandersetzungen. In Summe führen sie zu einer spürbaren Zurückhaltung bei Investitionen in Yachten.“
Auf HanseYachts wirke sich der Zustand der Weltwirtschaft „im Vergleich zum Wettbewerb zeitverzögert aus – ein Effekt der hohen Innovationsdynamik und des erfolgreichen Relaunches nahezu des gesamten Produktportfolios“, heißt es. „Bis Ende Juni 2025 wird weiterhin unter Vollauslastung produziert, um das laufende Saisongeschäft zu bedienen. Danach jedoch soll die Produktion der stark sinkenden Nachfrage angepasst werden, um die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens zu sichern.“
Der Vorstandsvorsitzende Runde ergänzte: „Mit dem Familienunternehmer Andreas Müller würden wir einen nachhaltig denkenden Partner gewinnen, der unsere Strategie langfristig unterstützen kann. Meinen Beitritt zum Kreis der Anteilseigner sehe ich als klares Bekenntnis sowohl zur HanseYachts AG und zu ihren Beschäftigten als auch zum Land Mecklenburg- Vorpommern und zur Region Greifswald. Wir werden alles daransetzen, gemeinsam mit dem Land, den Banken und dem Betriebsrat verantwortungsvolle Lösungen zu finden. Wir werden die bevorstehende Transformation mit größtmöglicher Transparenz und Verantwortung gestalten.“
Olaf Preuß ist Wirtschaftsreporter von WELT und WELT AM SONNTAG für Hamburg und Norddeutschland.