Einleitung
Viele Autokäufer fragen sich, ob sie einen gerade abgeschlossenen Kaufvertrag einfach widerrufen oder den Autokauf rückgängig machen können – etwa weil sie es sich anders überlegt haben oder mit dem Fahrzeug unzufrieden sind. Im Alltag hält sich hartnäckig der Glaube an ein generelles 14-tägiges Rückgaberecht bei Kaufverträgen. Doch Vorsicht: Ein pauschales Widerrufsrecht gibt es beim Autokauf nur in besonderen Fällen. Hier erfahren Sie, was rechtlich möglich ist, um einen Autokauf zu annullieren, und welche Unterschiede zwischen Widerruf und Rücktritt bestehen. Wir stehen Ihnen dabei beratend zur Seite, wenn Sie einen Kfz-Kaufvertrag lösen möchten.
Kein allgemeines Widerrufsrecht beim Autokauf
Im Gegensatz zu Haustürgeschäften oder Online-Bestellungen gibt es beim klassischen Autokauf im Autohaus kein allgemeines Widerrufsrecht. Haben Sie den Kaufvertrag im Autohaus oder beim Händler vor Ort unterschrieben, sind Sie grundsätzlich daran gebunden. Viele meinen, man könne innerhalb von 14 Tagen einfach vom Kauf zurücktreten – dem ist aber nicht so. Das Widerrufsrecht nach § 355 BGB (die berühmten 14 Tage) greift nur bei Verbraucherverträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz geschlossen wurden, sowie bei bestimmten Verbraucherdarlehensverträgen. Ein normaler Kauf im Laden oder Autohaus fällt nicht darunter. Mündliche Verträge per Handschlag sind übrigens genauso gültig wie schriftliche – auch hier gibt es keinen Automatismus, der Ihnen erlaubt, sich “umzuentscheiden”. Wenn ein Händler dennoch eine Rücknahme anbietet, geschieht das meist aus Kulanz, nicht weil es ein Recht darauf gibt.
In welchen Fällen steht Verbrauchern dennoch ein Widerrufsrecht zu? Es gibt einige Konstellationen, in denen Sie ein Auto doch widerrufen können:
- Online-Kauf oder Fernabsatz: Haben Sie das Fahrzeug über das Internet, per E-Mail oder Telefon gekauft, ohne den Händler persönlich zu treffen (Fernabsatzvertrag), besteht in der Regel ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Diese Frist beginnt, sobald Ihnen alle vorgeschriebenen Widerrufsbelehrungen vorliegen und – bei Warenkauf – sobald Sie das Fahrzeug erhalten haben.
- Haustürgeschäft / Außerhalb von Geschäftsräumen: Wurde der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Händlers geschlossen (z. B. während einer Verkaufsveranstaltung, an Ihrem Wohnort oder auf einer Messe), steht Verbrauchern ebenfalls ein Widerrufsrecht binnen 14 Tagen zu.
- Finanzierung und verbundene Verträge: Wenn der Autokauf über einen Kreditvertrag finanziert wurde (z. B. Händlerfinanzierung oder Leasingvertrag, der als verbundenes Geschäft gilt), haben Sie möglicherweise ein Widerrufsrecht für den Kredit. Wird der Kreditvertrag fristgerecht widerrufen, führt dies oft dazu, dass auch der verbundene Autokaufvertrag rückabzuwickeln ist. Hier spricht man vom verbundenen Geschäft (§ 358 BGB). Insbesondere bei Verbraucher-Darlehensverträgen gilt ebenfalls eine 14-tägige Widerrufsfrist. Achtung: Dieses Widerrufsjoker genannte Vorgehen greift nur, wenn die Finanzierung Teil des Geschäfts war und bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Außerhalb dieser speziellen Fälle kann ein Autokauf nur dann „freiwillig“ rückgängig gemacht werden, wenn der Händler sich vertraglich oder aus Kulanz dazu bereit erklärt. Manche Händler werben beispielsweise mit einem freiwilligen Umtauschrecht oder einer Zufriedenheitsgarantie. Solche Regelungen sind jedoch nicht gesetzlich verpflichtend. Prüfen Sie im Zweifel den Kaufvertrag, ob dort ein Rückgaberecht ausdrücklich vereinbart ist. Ohne eine solche Klausel sind Sie auf das Entgegenkommen des Verkäufers angewiesen.
Rücktritt wegen Mängeln – der rechtliche Weg, den Kauf rückgängig zu machen
Kann man also gar nichts tun, wenn kein Widerrufsrecht besteht? Doch, bei Sachmängeln am gekauften Auto gibt es Möglichkeiten, den Kaufvertrag aufzulösen – allerdings nicht als „Widerruf“, sondern als Rücktritt im Rahmen des Gewährleistungsrechts. Wenn sich nach dem Kauf ein erheblicher Mangel am Fahrzeug zeigt (z. B. Motorprobleme, Unfallschaden verschwiegen, etc.), steht dem Käufer grundsätzlich das Recht zu, vom Vertrag zurückzutreten, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Voraussetzungen für einen Rücktritt sind in § 323 BGB geregelt: In der Regel muss der Käufer dem Verkäufer zunächst die Gelegenheit zur Nacherfüllung (Reparatur) geben. Nur wenn der Verkäufer die Nachbesserung verweigert oder diese zweimal scheitert, oder wenn die Reparatur unzumutbar ist, darf der Käufer den Rücktritt erklären. Wichtig ist auch, dass der Mangel wesentlich ist – bei unerheblichen Mängeln ist ein Rücktritt ausgeschlossen (hier käme nur eine Minderung in Frage).
Beispiele: Eine defekte Klimaanlage oder ein kaputtes Getriebe sind in der Regel erhebliche Mängel, die einen Rücktritt rechtfertigen können, wenn sie nicht behoben werden. Ein kleiner Kratzer im Lack oder eine defekte Glühlampe hingegen nicht.
Der Rücktritt vom Kaufvertrag ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie sollte schriftlich gegenüber dem Verkäufer erfolgen. Nach erklärtem Rücktritt wird der Kaufvertrag rückabgewickelt: Sie geben das Fahrzeug zurück und erhalten im Gegenzug den Kaufpreis erstattet, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer. Diese Nutzungsentschädigung stellt sicher, dass Sie den Nutzen aus der Nutzung des Autos (z. B. 5.000 km gefahren) vergüten.
Die Berechnung erfolgt meist nach einer Formel: (Kaufpreis × gefahrene km) ÷ erwartbare Gesamtlaufleistung. Bei Neuwagen setzt man oft ca. 200.000 km als Gesamtlaufleistung an, bei Gebrauchtwagen entsprechend weniger je nach Zustand.
Widerruf vs. Rücktritt – wo liegt der Unterschied?
Die Begriffe werden umgangssprachlich oft durcheinander gebracht, juristisch gibt es aber Unterschiede:
- Widerruf: Dieses Recht besteht nur in besonderen Fällen (siehe oben) und erlaubt es Verbrauchern, ohne Angabe von Gründen innerhalb einer Frist von in der Regel 14 Tagen einen Vertrag zu lösen. Der Widerruf richtet sich nach dem Verbraucherrecht und ist vor allem für Fernabsatz- oder Haustürgeschäfte gedacht. Beim Widerruf müssen Sie lediglich fristgerecht die Widerrufserklärung absenden; der Vertrag wird dann rückabgewickelt, als ob er nie geschlossen worden wäre.
- Rücktritt: Der Rücktritt setzt einen Mangel oder eine Vertragsstörung voraus. Er ist im Gewährleistungsrecht verankert (z. B. § 437, § 323 BGB). Ein Rücktritt erfordert in der Regel, dass der Verkäufer eine Pflicht verletzt hat – typischerweise, dass ein Sachmangel vorliegt und die Nacherfüllung fehlschlug. Der Rücktritt kann nicht grundlos und nicht beliebig innerhalb von 14 Tagen erklärt werden, sondern nur bei Vorliegen bestimmter Gründe. Nach dem Rücktritt wird ebenfalls rückabgewickelt, jedoch bleibt der Vertrag bis zur Erklärung wirksam und wird ex nunc (von nun an) aufgelöst.
Kurz gesagt: Ein Widerruf ist ein verbraucherschützendes Rückgaberecht ohne besonderen Anlass (aber nur in bestimmten Situationen), während ein Rücktritt ein Gewährleistungsrecht wegen eines Mangels oder einer Pflichtverletzung ist.
Fazit: So machen Sie den Autokauf rückgängig
Einen Autokauf „einfach so“ rückgängig zu machen, ist außerhalb von speziellen Verbraucherschutz-Szenarien nicht ohne Weiteres möglich. Prüfen Sie zunächst, ob ein Widerrufsrecht greift (Online-Kauf, Haustürgeschäft, verbundener Kreditvertrag). Ist das nicht der Fall, kann ein Weg über das Gewährleistungsrecht bestehen, nämlich dann, wenn das Fahrzeug Mängel aufweist. In diesem Fall sollten Sie die Gewährleistungsansprüche nutzen (Nachbesserung verlangen und bei Erfolglosigkeit Rücktritt erklären).
Wenn weder noch – also weder ein vertragliches oder gesetzliches Widerrufsrecht besteht noch Mängel vorliegen – bleibt nur die Verhandlung mit dem Verkäufer. Einige Händler sind aus Kulanz bereit, einen Kauf rückgängig zu machen oder das Fahrzeug in Zahlung zu nehmen, gerade wenn es kurz nach Kauf ist. Ein rechtlicher Anspruch besteht darauf jedoch nicht.
Bevor Sie voreilig handeln, lassen Sie sich am besten rechtlich beraten. Jeder Fall ist individuell, und manchmal eröffnen sich Möglichkeiten (z. B. formale Fehler im Vertrag, fehlende Widerrufsbelehrung bei Finanzierung), die ein Laie nicht sofort erkennt. Die Anwälte unserer Kanzlei in Bonn prüfen Ihren Autokauf-Vertrag und die Umstände und informieren Sie über Erfolgsaussichten und welche Optionen Ihnen zur Verfügung stehen. Wir unterstützten Sie dabei, die für Sie beste Lösung zu finden – sei es durch Verhandlung mit dem Verkäufer oder durch Durchsetzung Ihrer Rechte auf dem Rechtsweg.
Gerne beraten wir Sie in allen Fragen rund um das KFZ-Recht und die Rückabwicklung von Fahrzeugkaufverträgen und vertreten Sie in NRW (Bonn, Euskirchen, Sankt Augustin, Sinzig, Koblenz, Hürth etc. und im Raum Köln) sowie bundesweit.
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Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel stellt keine vollständige rechtliche Beratung dar und ersetzt nicht das persönliche Gespräch mit einem qualifizierten Anwalt.