Das Sexualstrafrecht schützt insbesondere Minderjährige und Kinder vor sexuellen Übergriffen. Eine zentrale Rolle spielt dabei das sogenannte Schutzalter, das bestimmt, ab wann eine Person wirksam in sexuelle Handlungen einwilligen kann, ohne dass strafrechtliche Konsequenzen drohen. Für Beschuldigte ist das genaue Verständnis dieser Altersgrenzen entscheidend, da Unkenntnis über das Alter des Partners oder eine irrtümliche Annahme von Einwilligungsfähigkeit keine automatische Straffreiheit bewirken.
Grundsätzlich unterscheidet das deutsche Strafrecht zwischen Kindern und Jugendlichen: Kinder sind alle Personen unter 14 Jahren (§ 176 StGB), Jugendliche sind Personen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren (§ 182 StGB). Der Schutzumfang und die strafrechtlichen Konsequenzen unterscheiden sich dabei erheblich.
Sexuelle Handlungen an Kindern unter 14 Jahren sind ausnahmslos strafbar. § 176 StGB stellt jeden sexuellen Kontakt mit einem Kind unter Strafe – unabhängig davon, ob das Kind selbst eingewilligt hat oder sogar die Initiative ausging. Die Einwilligung eines Kindes ist aus strafrechtlicher Sicht unbeachtlich, da das Gesetz davon ausgeht, dass Kinder unter 14 Jahren nicht in der Lage sind, die Bedeutung und Tragweite sexueller Handlungen zu erfassen. Wer sich mit einem Kind sexuell betätigt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen – in der Regel Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Auch der Versuch, sexuelle Handlungen vorzunehmen oder bereits das Anbahnen entsprechender Kontakte, etwa über Chats oder soziale Medien, kann strafbar sein.
Anders verhält es sich bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren. Hier greift § 182 StGB. Danach sind sexuelle Handlungen an Jugendlichen strafbar, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die Strafbarkeit tritt nicht automatisch ein, sondern hängt davon ab, ob ein Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt wird oder ob die sexuelle Handlung gegen Entgelt vorgenommen wird. Besonders relevant ist der Fall, wenn der ältere Partner eine Zwangslage des Jugendlichen ausnutzt oder eine erhebliche Altersdifferenz besteht. Der Gesetzgeber will Jugendliche zwar schützen, räumt ihnen aber gleichzeitig eine gewisse sexuelle Selbstbestimmung ein, die sich altersangemessen entwickeln darf.
Die Anwendung von § 182 StGB verlangt eine genaue Prüfung der Umstände. Nicht jede Beziehung zwischen einem Erwachsenen und einem Jugendlichen ist per se strafbar. Entscheidend ist, ob die sexuelle Handlung freiwillig erfolgt ist, ob eine Ausnutzung einer Zwangslage vorliegt und ob der Altersunterschied so erheblich ist, dass von einer typischen Überlegenheit des Erwachsenen ausgegangen werden muss. Als Faustregel gilt: Je jünger der Jugendliche und je größer der Altersabstand, desto eher wird ein strafbares Verhalten angenommen. Zudem sind sexuelle Handlungen gegen Entgelt oder unter Vermittlung entgeltlicher Kontakte immer strafbar, unabhängig von der Freiwilligkeit.
In der Verteidigung ist besonders darauf zu achten, ob der Beschuldigte Kenntnis vom Alter des Partners hatte. Der Irrtum über das Alter schützt nur unter sehr engen Voraussetzungen. Nur wer sich nachweislich nicht leichtfertig über das Alter getäuscht hat und objektiv gute Gründe hatte, an die Volljährigkeit zu glauben, kann sich auf einen sogenannten Verbotsirrtum berufen (§ 17 StGB). In der Praxis ist dies schwierig darzulegen und erfordert eine sorgfältige Aufarbeitung aller Umstände des Kennenlernens und der Interaktion.
Auch der Kontext spielt eine wichtige Rolle: In vielen Fällen beruhen die Kontakte auf Internetplattformen oder sozialen Medien, auf denen Altersangaben leicht manipuliert werden können. Trotzdem trägt der Erwachsene eine besondere Verantwortung, das tatsächliche Alter zu prüfen – etwa durch Nachfrage, Identitätsdokumente oder andere Plausibilitätskontrollen.
Fazit: Das Schutzalter im Sexualstrafrecht dient dem umfassenden Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellen Übergriffen und Ausbeutung. Während bei Kindern unter 14 Jahren jede sexuelle Handlung strafbar ist, sind bei Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren differenziertere Prüfungen erforderlich. Für Beschuldigte ist es von zentraler Bedeutung, die Altersgrenzen und Schutzvorschriften genau zu kennen. In jedem Fall sollte frühzeitig geprüft werden, ob tatsächlich die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit vorliegen oder ob entlastende Umstände geltend gemacht werden können.