Kiel. Sorge vor steigenden Prämien, Warnung vor neuer Bürokratie, Zweifel an der Fairness: Die geplanten Änderungen beim Versicherungsschutz vor Elementarschäden wie Starkregen und Überschwemmungen stoßen im Norden auf Kritik.
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Laut Koalitionsvertrag dürfen Versicherer neue Wohngebäudepolicen künftig nur noch mit einer Elementarschadensabsicherung anbieten. Laufende Verträge werden zu einem Stichtag umgestellt. Zur vielfach diskutierten Pflichtversicherung wird es aber wohl nicht kommen. Die Bundesregierung will eine sogenannte Opt-Out-Lösung prüfen: Kundinnen und Kunden können demnach den Elementarschutz abwählen.
Elementarschutz: Was ist mit Sturmfluten und aufsteigendem Grundwasser?
Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VZSH) sieht die Regelung skeptisch: „Betrachtet man das Risiko Starkregen, ist dieser Schritt zwar zu begrüßen“, sagt VZSH-Vorstand Michael Herte. Die für Schleswig-Holstein besonders relevanten Gefahren Sturmflut und aufsteigendes Grundwasser würden nicht berücksichtigt. Beide Risiken gelten bislang als nicht versicherbar. Das empfinden viele Verbraucher laut Herte als unfair, zumal hierzulande irrelevante Gefahren wie Lawinenabgänge durchaus versichert sind.
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Auf Ablehnung stoßen die Pläne beim Eigentümerverband Haus & Grund Schleswig-Holstein: „Das ist das Gegenteil von Bürokratieabbau, verhindert keinen Schaden und treibt die Wohnkosten in die Höhe“, sagt Verbandschef Alexander Blazek. Versicherungsanbieter wie Provinzial und Domcura (Kiel) sind bereits mit Opt-Out-Lösungen für den Elementarschutz am Markt.
Bisher können manche Hausbesitzer in Risikogebieten ihre Gebäude nicht gegen Elementarschäden versichern, weil die Versicherer den Schutz nicht anbieten oder nur zu hohen Prämien. Andererseits halten noch immer viele Haushalte eine Elementarschadenversicherung für entbehrlich. Unter dem Strich sind bundesweit nur gut die Hälfte aller Wohngebäude gegen Naturgefahren versichert, in Schleswig-Holstein nur vier von zehn.
Elementarschutz-Prämien: Sorge vor sozialer Schieflage
Um die Prämien trotz steigender Risiken bezahlbar zu halten, plädieren Verbraucherschützer für hohe Selbstbehalte und staatlich geförderte Prävention. Herte warnt: „Ohne solche Maßnahmen droht eine soziale Schieflage, weil sich gerade einkommensschwächere Haushalte in gefährdeten Regionen den Schutz nicht mehr leisten können.“
Ob es zu einem Preisanstieg kommt, vermag die Provinzial noch nicht zu sagen: „Viele gravierende Einzelfragen, etwa zum Umfang des Versicherungsschutzes und zur generellen Finanzierbarkeit, müssen noch geklärt werden.“ Bei Domcura heißt es, Haushalte in vergleichsweise wenig gefährdeten Regionen müssten sich auf eine „moderate Erhöhung ihrer Beiträge“ einstellen.
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Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Versicherungsverbandes GDV, sieht die Neuregelung als „gute Basis“, warnt aber: „Eine Pflichtversicherung verhindert keine Wetterextreme.“
KN