Wer wegen Raub oder räuberischer Erpressung beschuldigt wird, steht schnell vor drastischen Konsequenzen. Beide Delikte gehören zu den schwerwiegendsten Straftaten im deutschen Strafrecht. Bereits der Tatvorwurf kann existenzbedrohend sein – rechtlich, sozial und beruflich. Für Betroffene bedeutet das nicht nur die reale Gefahr einer mehrjährigen Freiheitsstrafe, sondern auch einen immensen Reputationsschaden. Gerade deshalb ist es entscheidend, die Unterschiede, Voraussetzungen und möglichen Verteidigungsansätze genau zu kennen – und rechtzeitig anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Was ist Raub? – § 249 StGB im Überblick
Der Raub ist im Kern eine Kombination aus Diebstahl und Nötigung unter Anwendung von Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben.
Voraussetzungen des § 249 StGB:
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Wegnahme einer fremden beweglichen Sache, also Entziehung der tatsächlichen Sachherrschaft ohne oder gegen den Willen des Berechtigten.
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Gewalt gegen eine Person oder
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Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben.
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Zueignungsabsicht, d. h. die Sache soll rechtswidrig angeeignet werden.
Strafandrohung: Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr – der Raub ist damit ein Verbrechen (§ 12 Abs. 1 StGB).
Beispiel aus der Praxis:
Eine Person entreißt einem Passanten unter Androhung von Schlägen die Geldbörse. Auch wenn kein körperlicher Angriff stattfindet, reicht die Drohung mit gegenwärtiger Gewalt – etwa mit erhobener Faust – in der Regel bereits für die Tatbestandsverwirklichung.
Wichtig:
Nicht nur körperliche Gewalt, sondern auch erheblicher psychischer Druck kann unter Umständen genügen. Entscheidend ist die Ernsthaftigkeit der Drohung.
Der schwere Raub – § 250 StGB
Der Gesetzgeber sieht besonders hohe Strafen vor, wenn bestimmte „Qualifikationsmerkmale“ hinzukommen. In solchen Fällen spricht man vom schweren Raub.
§ 250 Abs. 1 StGB: Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, wenn z. B.:
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Der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug bei sich führt,
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Ein Werkzeug zur Überwindung des Widerstands bereitgehalten wird,
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Eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung gebracht wird,
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Der Täter als Mitglied einer Bande handelt.
§ 250 Abs. 2 StGB: Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn z. B.:
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Eine Waffe verwendet wird (nicht nur mitgeführt),
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Ein Opfer körperlich schwer misshandelt wird,
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Das Opfer in Todesgefahr gerät.
Auch in minder schweren Fällen (z. B. bei einem Ersttäter, ohne Waffe) kann eine Strafmilderung erfolgen (§ 250 Abs. 3 StGB: 1–10 Jahre Freiheitsstrafe).
Begriffserklärungen:
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Gefährliches Werkzeug: Alles, was objektiv geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen – z. B. Messer, Schraubenzieher, schwere Taschenlampen.
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Bande: Mindestens drei Personen, die sich zur Begehung mehrerer Raub- oder Diebstahldelikte verbunden haben.
§ 251 StGB – Raub mit Todesfolge
Wenn bei einem Raub eine Person stirbt – auch durch Fahrlässigkeit oder leichtfertiges Verhalten –, greift § 251 StGB.
Strafandrohung: Lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
Diese Vorschrift zeigt: Wer bei einem Raub auch nur fahrlässig eine tödliche Eskalation riskiert, muss mit den härtesten Konsequenzen im Strafgesetzbuch rechnen. Besonders gefährlich wird es in Gruppen- oder Bandenstrukturen, bei denen die individuelle Kontrolle oft fehlt.
§ 252 StGB – Räuberischer Diebstahl
Diese Vorschrift erfasst Situationen, in denen ein bereits begangener Diebstahl in einen Raub „umschlägt“. Wird der Täter beim Diebstahl überrascht und wehrt sich gewaltsam, um im Besitz des Diebesguts zu bleiben, liegt räuberischer Diebstahl vor – der ebenfalls wie Raub bestraft wird.
Voraussetzungen:
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Der Täter wird auf frischer Tat betroffen (z. B. im Laden beim Klauen erwischt),
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Er wendet Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr an,
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Um sich den Besitz der Beute zu erhalten.
Strafe: Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr – identisch mit Raub.
§ 253 StGB – Einfache Erpressung
Ein weiteres Verwandtdelikt ist die Erpressung nach § 253 StGB. Anders als beim Raub fehlt hier die unmittelbare Gewalt oder Gefahr – das Opfer wird durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Vermögensverfügung veranlasst.
Strafandrohung:
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Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
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In besonders schweren Fällen (z. B. bandenmäßig oder gewerbsmäßig): Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr (§ 253 Abs. 4 StGB).
§ 255 StGB – Räuberische Erpressung
Hierbei handelt es sich um eine Erpressung unter Anwendung von Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben – also ähnlich wie Raub. Die Unterscheidung liegt meist im äußeren Ablauf: Bei der räuberischen Erpressung gibt das Opfer die Sache selbst heraus – beim Raub „nimmt“ der Täter.
Beispiel:
Eine Person wird unter Androhung von Schlägen gezwungen, ihr Portemonnaie herauszugeben. Die Übergabe erfolgt äußerlich „freiwillig“, aber durch massive Drohung – das genügt.
Strafe: Wie Raub – nicht unter einem Jahr, in schweren Fällen bis zu 15 Jahren oder lebenslänglich.
Unterschied zwischen Raub und räuberischer Erpressung
Obwohl Raub und räuberische Erpressung auf den ersten Blick ähnliche Delikte zu sein scheinen, gibt es Unterschiede.
Raub (nach § 249 StGB)
Der Raub umfasst die Entziehung einer fremden beweglichen Sache durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt. Die Tathandlung, also die Wegnahme des Diebesguts, ist zwingend erforderlich. Der Täter muss aktiv vorgehen und das Eigentum des Opfers direkt entziehen, wobei die Anwendung von Gewalt oder die Drohung mit einer Gefahr für Leib und Leben unabdingbar ist.
Raubmerkmale:
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Gewalt gegen Personen (z. B. Schläge, Bedrohung mit einer Waffe).
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Zueignungsabsicht: Der Täter will die gestohlene Sache entweder für sich selbst oder für Dritte behalten.
Räuberische Erpressung (nach § 255 StGB)
Bei der räuberischen Erpressung liegt zunächst eine Erpressung vor, bei der der Täter das Opfer mit Gewalt oder der Drohung mit Gewalt zu einer Vermögensverfügung drängt. Anders als beim Raub gibt das Opfer bei der räuberischen Erpressung das gestohlene Gut „freiwillig“ heraus, allerdings unter dem Zwang, der durch die Gewalt oder die Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben hervorgerufen wird.
Räuberische Erpressung:
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Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben wird eingesetzt, um das Opfer zur Herausgabe einer Sache zu bewegen.
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Erpressungshandlung: Das Opfer gibt die Beute „freiwillig“, aber unter Zwang des Täters heraus.
Fazit: Das „Geben“ ist das wesentliche Merkmal der räuberischen Erpressung, während beim Raub der Schwerpunkt auf dem „Nehmen“ liegt.
Strafzumessung in der Praxis – Wie wird die Strafe bei Raub und räuberischer Erpressung festgelegt?
Die Strafe für Raub und räuberische Erpressung wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Neben der Schwere der Tat spielen auch die Täterpersönlichkeit, Vorstrafen und die Schädigung des Opfers eine Rolle.
Strafe für einfachen Raub (§ 249 StGB)
Gemäß § 249 StGB wird Raub grundsätzlich mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bestraft. Bei minder schweren Fällen kann die Strafe auf sechs Monate bis fünf Jahre reduziert werden, wenn der Täter besonders kooperativ ist oder keine schwerwiegenden zusätzlichen Faktoren vorliegen (z. B. schwere Gewaltanwendung).
Strafe für schweren Raub (§ 250 StGB)
Kommt es zu einem schweren Raub, bei dem der Täter eine Waffe benutzt oder eine Person körperlich schwer misshandelt, steigt die Strafe erheblich. In diesen Fällen liegt die Freiheitsstrafe bei nicht unter drei Jahren, in besonders schweren Fällen auch bei nicht unter fünf Jahren.
Strafverschärfende Faktoren bei Raub:
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Verwendung einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs.
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Mitgliedschaft in einer Bande.
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Körperliche Misshandlung des Opfers.
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Gefährdung des Lebens des Opfers.
Strafe bei räuberischer Erpressung (§ 255 StGB)
Die räuberische Erpressung wird mit einer Strafe von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe belegt. Im Vergleich zum einfachen Raub gibt es hier einen schwereren Tatbestand, wenn etwa Waffen oder gefährliche Werkzeuge zum Einsatz kommen oder das Opfer körperlich misshandelt wird.
Verteidigungsstrategien: Wie kann ein Anwalt gegen Raub oder räuberische Erpressung vorgehen?
Die Verteidigung in Fällen von Raub und räuberischer Erpressung erfordert fundierte Kenntnisse des Strafrechts und der juristischen Praxis. Einige der wichtigsten Verteidigungsstrategien umfassen:
1. Bestreiten der Gewaltanwendung
In vielen Fällen kann ein Anwalt versuchen, die Gewaltanwendung oder Drohung mit Gewalt zu widerlegen. Hierbei wird argumentiert, dass die Bedrohung nicht ernst genug war, um die Tat als Raub oder räuberische Erpressung zu qualifizieren.
Beispiel:
Ein Anwalt könnte darauf hinweisen, dass die angebliche „Waffe“ in Wahrheit ein harmloser Gegenstand war (z. B. ein Holzstock, der nicht als gefährliches Werkzeug gilt). Oder es könnte dargelegt werden, dass die Drohung nicht mit der erforderlichen Gegenwart erfolgt ist.
2. Notwehr oder Notstand
Ein weiterer Ansatz könnte sein, dass der Täter sich in Notwehr oder Notstand befand und die Gewaltanwendung daher gerechtfertigt war. Wenn ein Täter in einer bedrohlichen Situation auf Gewalt zurückgreifen musste, um sich zu schützen, kann dies als Rechtfertigung vor Gericht dienen.
3. Mangelnde Zueignungsabsicht
In einigen Fällen kann die Zueignungsabsicht des Täters angezweifelt werden. Wenn der Täter keine Absicht hatte, die gestohlene Sache zu behalten oder weiterzugeben, sondern vielmehr zurückzugeben, könnte der Vorwurf des Raubes entfallen.
4. Falsche Identifikation des Täters
Es könnte auch eine falsche Identifikation des Täters in Frage gestellt werden. In einigen Fällen wird der Täter fälschlicherweise identifiziert oder in einer Vernehmung zu einem Geständnis gedrängt. In solchen Fällen wäre es Aufgabe des Anwalts, Widersprüche im Polizeibericht oder in Zeugenaussagen aufzudecken.
Fazit: Raub und räuberische Erpressung als schwerwiegende Straftaten
Raub und räuberische Erpressung gehören zu den gravierendsten Straftaten im deutschen Strafrecht und sind mit hohen Freiheitsstrafen belegt. Die Tatbestände beinhalten Elemente wie Gewalt.
Die Verteidigung in solchen Fällen erfordert fundiertes Fachwissen und die richtige Strategie, um entweder die Tat zu widerlegen oder eine strafmildernde Wirkung zu erzielen. Wer mit dem Vorwurf konfrontiert ist, sollte nicht zögern, umgehend rechtliche Unterstützung durch einen erfahrenen Strafverteidiger in Anspruch zu nehmen, um die besten Erfolgschancen vor Gericht zu sichern.