Einleitung: Die Bedeutung einer Geschäftsordnung
Ein Betriebsrat kann nur effektiv arbeiten, wenn seine Abläufe klar geregelt sind. Dafür gibt es die Geschäftsordnung (GO) nach § 36 BetrVG. Sie ist zwar nur eine Sollvorschrift, aber in der Praxis unverzichtbar – besonders seit der Einführung virtueller Sitzungen (§ 30 Abs. 2 BetrVG).
Warum ist eine Geschäftsordnung so wichtig?
- Sie sorgt für Transparenz und Struktur in der Betriebsratsarbeit.
- Sie regelt Sitzungsabläufe, Beschlussfassung und Protokollführung.
- Ohne GO sind virtuelle Sitzungen rechtlich riskant – Beschlüsse könnten unwirksam sein.
1. Was gehört in eine Geschäftsordnung?
Die GO dient der internen Organisation und sollte mindestens folgende Punkte enthalten:
- Einberufung und Ladung von Sitzungen
- Teilnahme und Beschlussfähigkeit
- Ablauf und Abstimmungsmodalitäten
- Protokollführung
- Regelungen zu virtuellen Sitzungen
Form und Gültigkeit
- Die GO muss schriftlich vorliegen und vom Betriebsratsvorsitzenden unterzeichnet werden.
- Sie gilt nur für die laufende Amtszeit des Betriebsrats.
- Beschlüsse über die GO (oder Änderungen) benötigen eine absolute Mehrheit der Stimmen.
Wichtig: Die GO bindet nur die Betriebsratsmitglieder – nicht den Arbeitgeber oder die Belegschaft.
2. Betriebsratssitzungen: Wie werden Beschlüsse wirksam?
Der Betriebsrat entscheidet ausschließlich durch Beschlüsse. Diese müssen unter strengen formalen Voraussetzungen zustande kommen:
a) Voraussetzungen für einen wirksamen Beschluss
- Ordnungsgemäße Einladung
- Der Vorsitzende muss rechtzeitig (mind. 3 Tage vorher) einladen.
- Die Tagesordnung muss klar formuliert sein – „Verschiedenes“ reicht nicht.
- Ersatzmitglieder müssen informiert werden, wenn ordentliche Mitglieder verhindert sind.
- Beschlussfähigkeit
- Mindestens die Hälfte der Mitglieder muss anwesend sein.
- Abstimmung
- Normalerweise per Handzeichen, in bestimmten Fällen geheim.
- Stimmenmehrheit entscheidet – Enthaltungen zählen als Ablehnung.
- Protokollierung
- Jede Sitzung muss ordnungsgemäß dokumentiert werden.
b) Wann sind Beschlüsse unwirksam – und wann heilbar?
- Fehlende Tagesordnung? Kann nachträglich geheilt werden, wenn alle Mitglieder anwesend sind.
- Unvollständige Ladung? Risiko der Unwirksamkeit.
- Keine GO bei virtuellen Sitzungen? Beschlüsse sind nichtig.
3. Virtuelle Sitzungen: Was muss beachtet werden?
Seit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz sind Video- und Telefonkonferenzen möglich – aber nur unter strengen Bedingungen:
a) Voraussetzungen für virtuelle Sitzungen
✔ Geschäftsordnung muss existieren (sonst sind Beschlüsse unwirksam!)
✔ Präsenzsitzungen haben Vorrang (Ausnahmen müssen geregelt sein)
✔ Kein Widerspruch von mind. einem Viertel der Mitglieder
✔ Sicherstellung der Vertraulichkeit (keine Dritten, keine Aufzeichnungen)
b) Was sollte in der GO stehen?
- Wann sind virtuelle Sitzungen erlaubt? (z. B. bei Krankheit, Außendienst, Betreuungspflichten)
- Technische Vorgaben (welche Tools genutzt werden)
- Verfahren bei Störungen (z. B. Verbindungsabbrüche)
Praxistipp:
- Klare Regelungen schaffen Rechtssicherheit.
- Beispielformulierung:
„Virtuelle Teilnahme ist möglich, wenn eine Präsenzteilnahme unzumutbar ist (z. B. Dienstreise, Erkrankung). Die Nichtöffentlichkeit muss gewährleistet sein.“
Fazit: Eine gute GO ist die Basis für erfolgreiche Betriebsratsarbeit
- Ohne GO riskiert der Betriebsrat unwirksame Beschlüsse – besonders bei virtuellen Sitzungen.
- Klare Regeln sparen Zeit und vermeiden Konflikte.
- Flexibilität ist möglich, aber nur mit rechtssicheren Formulierungen.
Empfehlung:
- Jeder Betriebsrat sollte eine GO beschließen – am besten zu Beginn der Amtszeit.
- Rechtsberatung nutzen, um Formfehler zu vermeiden.
Mit einer gut durchdachten Geschäftsordnung arbeitet der Betriebsrat effizienter – und bleibt auf der sicheren Seite.
Sander Runkel ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt am Main und vertritt Arbeitgeber und Betriebsräte in kollektivrechtlichen Angelegenheiten.
https://runkel-anwalt.de/