#Interview
In den vergangenen Jahren setzte das Team des Berliner ClimateTechs ctrl+s auf Bootstrapping. „Der Druck, von Anfang an echten Mehrwert für unsere Kunden liefern zu müssen, hat uns extrem eng am Market Fit arbeiten lassen“, sagt Gründer Johannes Scholz.

Das Berliner ClimateTech ctrl+s, 2022 von Moritz Nill, Marcel Severith und Johannes Scholz gegründet, setzt “auf eine datengetriebene Lösung für schnelles, skalierbares und präzises CO2-Management – ohne aufwändige Datenerhebungen bei allen Lieferanten”. Unternehmen wie Siemens setzen bereits auf ctrl+s. Nach eigenen Angaben wirtschaftet das Unternehmen bereits profitabel. Der High-Tech Gründerfonds (HTGF) und Business Angels wie Benjamin Schulz investierten zuletzt 1 Million Euro in das Unternehmen.
Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Gründer Scholz einmal ausführlich über den Stand der Dinge bei ctrl+s.
Wie würdest Du Deiner Großmutter ctrl+s erklären?
Stell dir vor, du kaufst ein Fahrrad. Bis es im Geschäft steht, sind Hunderte Unternehmen weltweit beteiligt – von der Aluminiumproduktion über die Reifenherstellung bis zur Lackiererei. Sie kennen sich meist nicht einmal, geschweige denn ihre CO2-Bilanzen. Wir haben eine Lösung entwickelt, mit der Unternehmen aktiv darauf einwirken können, dass in diesen komplexen Lieferketten weniger Emissionen entstehen – ohne dass sie jede einzelne Firma darin persönlich kennen muss.
War dies von Anfang an Euer Konzept, oder hat sich Euer Modell seit dem Start irgendwie verändert?
Unser ursprünglicher Fokus lag stark auf dem Vertrieb über ein Netzwerk von Beratern. Auch wenn das weiterhin ein wichtiger Teil unserer Strategie ist, haben wir schneller als geplant auch auf direkten Vertrieb umstellen müssen – was sich letztlich als richtige Entscheidung erwiesen hat.
Wie hat sich ctrl+s seit der Gründung entwickelt?
Wir sind seit der Gründung 2022 komplett bootstrapped und konnten organisch um etwa 100 % pro Jahr wachsen – sowohl in der Kundenzahl als auch beim Umsatz. Der Druck, von Anfang an echten Mehrwert für unsere Kunden liefern zu müssen, hat uns extrem eng am Market Fit arbeiten lassen. Aktuell sind wir ein Team von 12 Leuten und haben über 40 Kunden.
Kürzlich habt Ihr aber erstmals Venture Capital aufgenommen. Warum dieser Sinneswandel?
Es ist kein Sinneswandel, wir hatten immer vor, zu gegebener Zeit externes Kapital aufzunehmen, um unser Wachstum zu beschleunigen. Der Vorteil, zunächst bootstrapped auf hohe Produktreife und Market Fit hinzuarbeiten, ist, dass wir sichergestellt haben, dass unser Angebot auch wirklich funktioniert. Sonst kann Venture Capital dazu verleiten, mit Geld strukturelle Schwächen im Produkt zu kaschieren, was sich langfristig rächt. Warum jetzt? Wir sehen, dass der Markt reif ist und die Nachfrage steigt. Jetzt ist der Moment, um mit zusätzlichen Kapital die Marktdurchdringung zu beschleunigen.
KI ist derzeit das Thema schlechthin in der Startup-Szene. Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz bei Euch?
Wir setzen KI in der Lieferketten-Simulation ein, um automatisiert Produkt-Taxonomien unserer Kunden mit unserer Modellschnittstelle abzugleichen. Das spart enorm viel Zeit und verbessert die Datenqualität. Darüber hinaus sehen wir großes Potenzial entlang der Schnittstelle von Primär- und Sekundärdaten sowie des vereinfachten Capacity Buildings bei Lieferanten.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Bisher hatten wir keine großen Fehltritte, aber es gab einen echten Schreckmoment direkt zu Beginn: Wir haben im Januar 2022 gegründet – und im Februar marschierte Russland in die Ukraine ein. Unsere Sorge war, dass Unternehmen in der Krise, unter dem Druck von Energiekosten und allgemeiner Unsicherheit, Nachhaltigkeitsinnovationen hinten anstellen könnten. Tatsächlich ist das Gegenteil passiert: Die Krise, wie zuvor Corona, hat das Bewusstsein für die Verletzlichkeit globaler Lieferketten geschärft und damit auch für die Notwendigkeit, Dekarbonisierung nicht nur als Compliance oder Moralthema zu sehen, sondern als echten Business-Treiber.
Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Definitiv beim Recruiting! Wir haben ein unglaublich starkes Team, das produktiv und kreativ zusammenarbeitet. Ohne dieses Team hätten wir nicht den Erfolg, den wir heute haben.
Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Ich glaube nicht an allgemeingültige Wahrheiten, die für alle Gründer:innen passen. Aber was sicher nie schadet: Sich mit guten Leuten zu umgeben und ein Produkt zu bauen, das ein echtes Problem löst.
Wo steht ctrl+s in einem Jahr?
Wir wollen wieder einen großen Schritt weiter sein, wenn es darum geht, globale Liefernetzwerke in Sachen CO2-Reduktion zu optimieren.
Startup-Jobs: Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung? In der unserer Jobbörse findet Ihr Stellenanzeigen von Startups und Unternehmen.