Die Bafin erlaubt Banken künftig, günstigere Immobilienkredite zu vergeben. Verbänden jedoch geht das Urteil noch nicht weit genug. Ob die neuen Konditionen ausreichen, der Krise zu begegnen – und wem sie jetzt am meisten nutzen.
Seit einigen Monaten normalisiert sich der Immobilienmarkt in Deutschland schrittweise. Die Preise bei Verkäufen steigen wieder an, nachdem sie in den vergangenen Jahren gefallen waren. Gleichzeitig geben die Zinsen nur leicht nach. Für Experten heißt das unter dem Strich: Das Risiko von Überbewertungen nimmt ab. Das kommt künftig den Banken zugute. Sie dürfen ab sofort wieder Kredite mit einem deutlich geringeren Kapitalpuffer vergeben. Die Finanzaufsicht Bafin senkte den Risikoaufschlag für Kredite gerade von zwei auf ein Prozent ab.
Es ist die erste Lockerung der Risikoprämie für die Kreditgeber seit knapp drei Jahren. 2022 war der Zinsaufschlag von der Finanzaufsicht zu einer Zeit eingeführt worden, als Immobilienkredite besonders günstig waren und Kunden sich deshalb teilweise hoch verschuldeten.
Die Idee: Sollte es später wieder zu höheren Zinsen – und damit auch zu teureren Refinanzierungen – kommen, gäbe es dann bei den Banken höhere Rücklagen, um die Ausfallkosten notfalls abzufangen. Diese Situation änderte sich nun. Die Bafin begründet in einem Presse-Statement die Entscheidung damit, dass sich die Lage am Markt wenigstens „stabilisiert“ habe.
Aus Sicht von Immobilienkäufern ist die Lockerung überfällig. Nicht nur Privatleute mit dünner Finanzdecke, auch größere Unternehmen dürften profitieren. „Von dem sektoralen Risikopuffer sind alle Wohnimmobilienkredite betroffen“, sagt Jens Tolckmitt vom Verband Deutscher Pfandbriefbanken (VDP). „Da ein Eigenkapitalpuffer grundsätzlich die Kreditvergabe belastet, wird mit der Reduzierung ein Kostenfaktor etwas abnehmen“.
Ein weiterer Vorteil: Weil die Finanzaufsicht den Banken mit ihrem Schritt wieder etwas Flexibilität bei der Kreditvergabe zurückgibt, steigt auch der individuelle Verhandlungsspielraum, um den angeschlagenen Immobilienmarkt wieder etwas zu beleben.
Vielen geht dieser Schritt nicht weit genug. So fordern Immobilienverbände schon länger weitreichendere Änderungen beim Risikopuffer – bis hin zu einer Abschaffung. Eine gänzliche Zurücknahme der Regelung schließt die Bafin allerdings aus. So sei gegenwärtig noch von „erhöhten Unsicherheiten“ auszugehen, die angespannte Wirtschaftslage habe „das Potenzial, den noch recht robusten Arbeitsmarkt zu belasten“, wie es heißt. Damit könne auch die Ausfallwahrscheinlichkeit bei Immobilienkrediten steigen.
Außerdem bleiben die sogenannten „antizyklischen Kapitalpuffer“ der Banken bestehen. Die Auflage besagt, dass die Institute 0,75 Prozent der Kreditsumme als Sicherheit zurücklegen müssen, um in wirtschaftlich schlechteren Zeiten genügend Kapital vorzuhalten. Diese Kosten dürften Kreditkunden auch in Zukunft weiter belasten.
Nicht nur hier bleibt der Druck auf die Bafin bestehen: Auch die Wohnungswirtschaft fordert weiter vergünstigte Konditionen, um Bauvorhaben in Deutschland wieder attraktiver zu machen. Schätzungen zufolge fehlen schon jetzt jedes Jahr mehr als 300.000 neue Wohnungen. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) richtete deshalb als Reaktion auf die Puffer-Entscheidung scharfe Kritik am Vorgehen. „Wer bezahlbares Wohnen will“, heißt es vom Verband, „muss auch bezahlbare Finanzierung möglich machen.“
Felix Seifert ist Redakteur im Ressort Wirtschaft und Innovation. Er schreibt unter anderem über die Themen Karriere, Verbraucher, Mittelstand und Immobilien.