Chronologie:
Die Klägerin ließ sich im Dezember 2017 und November 2018 in Düsseldorf Brustimplantate mit rauer Oberfläche des Herstellers Allergan einsetzen, die im Verdacht stehen, die aggressive Karzinomart ALCL auszulösen. Der Produzent musste diese Ende 2018 aus dem Verkehr ziehen, nachdem ihm der CE-Zertifizierer eine weitere Zertifizierung nicht mehr ausstellen wollte. Statistiken hatten darauf hingewiesen, dass sich die Karzinomfälle zwischenzeitlich gehäuft hatten.
Die mandatierten Rechtsanwälte der Klägerin baten von der Rechtsschutzversicherung, der Klägerin, der LVM mit Sitz in Münster, den Deckungsschutz für die Vorgehen gegen gegen vier Schädiger. Dabei handelt es sich konkret den Hersteller Allergan, den Implanteur, den CE-Zertifizierer und dessen Aufsichtsbehörde, die beiden letzteren jeweils mit Sitz in Paris. Die LVM weigerte sich aber zur Regulierung und argumentierte im wesentlichen, es handele sich um „ein Gesamtgeschehen“, die Klägerin solle daher gegen alle vier Schädiger gemeinschaftlich vorgehen. Außerdem würde der Produzent der Implantate Allergan, nach ihrer Meinung nach sowieso nie vorgerichtlich zahlen, daher solle die Klägerin diesen unverzüglich, ohne vorgerichtliche Verhandlungen verklagen.
Verhandlung:
Die Kammer des Landgerichtes Münster hatte bereits in einem inhaltlich ähnlichen Fall eindeutig klargestellt, dass es sich unabhängig, ob es sich in diesem Gesamtkomplex um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handelt, es jedenfalls um vier Rechtsschutzfälle handele. Das versteht sich bereits von selbst: Ein brititischer Hersteller kann gar nicht gemeinschaftlich mit einem deutschen Implanteur, der auf eine Rückrufaktion nicht hinweist und einen CE-Zertifizierer, der in Paris seinen Sitz hat, sowie dessen Aufsichtsbehörde „gemeinschaftlich“ verklagt werden. Das müsste im Grunde auch der Prozessvertreter der LVM, Rechtsanwalt Henssen der LVM wissen.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
Der sogenannte Allergan-Brustimplantats-Komplex befasst aktuell zahlreiche Gerichte. Dabei handelt es sich aber nicht um Gerichtsverfahren gegen Allergan und die weiteren drei benannten Schädiger, sondern die Implantatsträgerinnen haben es erst einmal mit völlig unverständlichen und unseriösen Regulierungsverweigerungs- und Verzögerungstaktiken deutscher Rechtsschutzversicherer zu tun: Diese suchen geradezu „mit der Lupe“ nach Möglichkeiten, sich ihrer vertragsrechtlichen Verpflichtung zur Abdeckung der Vorgehen zu entledigen. Eine unrühmliche Position nehmen dabei u.a. die ARAG, HUK Coburg, DEVK, Auxilia und die hier verklagte LVM ein, um nur Beispiele zu benennen, die sich lieber verklagen lassen, anstatt ihren vertragsrechtlichen Verpflichtungen und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen. Dabei meint die LVM, besonders clever zu sein, indem sie ihren Versicherungsnehmerinnen stets hinter dem Rücken ihrer mandatierten Anwälte mitteilt, sie stünde auf ihrer Seite, würde ihnen helfen und es bestünden lediglich ein paar Dinge, die mit ihren Anwälten zu klären seien. Das Gegenteil ist indes der Fall: In allen drei nun veröffentlichen Fällen, in denen Ciper & Coll. für ihre Mandantinnen gegen die LVM gerichtlich am Landgericht Münster vorgehen muss, blockiert, verweigert und verzögert die LVM auf eine unseriöse Art und Weise die Regulierung, bemerkt Dr. DC Ciper LLM, Fachanwalt für Medizinrecht, Avocat au Barreau de Paris. Das war in einem anderen noch dramatischeren Sache vor kurzem schon ein mal der Fall, als die LVM sich monatelang versuchte, ihrer Regulierungspflicht in einem Auslandsschaden in den USA zu entledigen: Als sodann nach umfangreichen ständigen konsequenten Darlegungen endlich die Zusage für den geschädigten Patienten vorlag, kam die LVM auf die Idee, auf eine Deckungssumme von 200.000,00 Euro zu verweisen und beschränkte den Deckungsschutz auf diese, obgleich der Versicherungsvertrag konkret eine Deckungssumme von 2 Mio. Euro auswies. Nur mit weiterer Hartnäckigkeit und Konsequenz hieß es dann von diesem Versicherer explizit: „Zur Vermeidung weiterer Diskussionen sind wir nun bereit, eine Deckungssumme von 2 Mio. Euro zu akzeptieren.“ Ein Schelm, der Böses dabei denkt!