Mit der Antwort auf diese Frage hat sich das BVerwG im Rahmen eines Beschlusses vom 2.5.2024 beschäftigt und dies (offenbar) verneint (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2024 – 2 B 24/23 –, Leitsatz u. Hinw. auf: Rz. 22, juris; s. a. von der Weiden, jurisPR-BVerwG 25/2024 Anm. 4)
Beschluss des BVerwG
Es handelt sich um eine Entscheidung des BVerwG zu einer Nichtzulassungsbeschwerde, eines Referenten des Bundesinnenministeriums, der ohne Billigung durch seine Vorgesetzten im Mai 2020 eine eigene coronamaßnahmenkritische Analyse weiträumig über dienstliche Kanäle verbreitet und davon trotz wiederholter Weisungen nicht abgelassen hatte (a.a.O.). Dies wiederum hatte disziplinarische Ermittlungen und nachfolgend eine Disziplinarklage gegen den Beamten zur Folge (a.a.O.). Die Disziplinargerichte erster und zweiter Instanz haben auf Dienstentfernung – also auf die disziplinare Höchstmaßnahme – erkannt (a.a.O.). Das BVerwG hat nun die Nichtzulassungsbeschwerde des Beamten mit dem o. g. Beschluss zurückgewiesen (a.a.O.).
Der Beamte hatte sich i.R.d. Nichtzulassungsbeschwerde auf seine Grundrechte (u. a. auf Art. 4 Abs. 1 GG) gestützt. Nach dem erwähnten Leitsatz zu dieser Entscheidung könnten Beamte sich hinsichtlich ihrer dienstlichen Tätigkeit (angeblich) nicht auf die Grundrechte berufen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2024 – 2 B 24/23 –, Leitsatz u. Hinw. auf: Rz. 22, juris; s. a. von der Weiden, jurisPR-BVerwG 25/2024 Anm. 4). Diese Grundsatzfrage sei seit dem Urteil des BVerwG vom 29.10.1987 (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1987 – 2 C 73/86 –, Rn. 12, juris) revisionsrechtlich geklärt, weshalb insofern eine (erneute) Revisionszulassung nicht in Frage gekommen bzw. nicht erforderlich sei.
Rechtliche Bewertung
Zutreffend ist, dass das BVerwG in seinem Urteil vom 29.10.1987 (lediglich) klargestellt hatte, dass der Beamte sich bei seiner dienstlichen Tätigkeit nicht auf Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG (also auf das Recht der freien Meinungsäußerung) berufen könne, obgleich er wie jeder andere Staatsbürger auch selbstverständlich den Schutz (auch) des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG genieße (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1987 – 2 C 73/86 –, Rn. 12, juris). Die besonderen Grundsätze des Beamtenverhältnisses erforderten jedoch von Beamten, dass diese auch außerhalb ihres dienstlichen Pflichtenkreises der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die in ihr Amt gesetzt werden, so dass der Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG insoweit eingeschränkt gewährleistet ist, als es mit den sich aus seinem Amt ergebenden Pflichten vereinbar ist, wobei die rechtlich begründeten Grenzen des Art. 5 GG im Lichte des durch sie begrenzten Grundrechts auszulegen seien (BVerwG, a.a.O. u. Hinw. auf: BVerfGE 39, 334 <366 f.> mit umfangreichen Nachweisen; BVerfG, Vorprüfungsausschuß, Beschluß vom 30. August 1983 – 2 BvR 1334/82 –
Insofern mag es korrekt gewesen sein, dass das BVerwG die Revision wegen der konkreten Rügen des Beamten nicht erneut zugelassen hat. Allerdings bleibt es nach dieser Entscheidung selbstverständlich dabei, dass auch Beamte natürlich Grundrechte haben, diese jedoch im Rahmen ihrer besonderen Pflichten und der Anforderungen des Beamtenverhältnisses ggf. eingeschränkt sein können. Insbesondere ist damit auch nicht geklärt worden, dass Beamte sich hinsichtlich ihrer dienstlichen Tätigkeit generell nicht auf Grundrechte berufen könnten. Schließlich gelten für Beamte gerade auch hinsichtlich ihrer dienstlichen Tätigkeit nicht zuletzt die grundrechtsgleichen Rechte i. S. v. Art. 33 Abs. 5 GG.
Insofern trifft es daher insgesamt nicht zu, dass nun geklärt sei, dass Beamte sich hinsichtlich ihrer dienstlichen Tätigkeit generell nicht auf Grundrechte berufen könnten. Da auch der Beschluss des BVerwG vom 2.5.2024 keine (zur Klärung derartiger Grundsatzfragen i. S. d. VwGO erforderliche) Revisionsentscheidung i. R. eines Revisionsurteils des zuständigen Beamtensenats am BVerwG darstellt und somit auch nicht zur Klärung grundsatzbedeutender Rechtsfragen beitragen kann, ist auch mit dem Beschluss vom 2.5.2024 (trotz eines zumindest irreführenden Leitsatzes bei juris) keine Klärung dahingehend erfolgt.
Stattdessen kommt es selbstverständlich immer im jeweiligen Einzelfall darauf an, ob und ggf. inwieweit bestimmte Grundrechte im Falle von Beamten u.U. durch das Beamtenverhältnis und die einschlägigen Regel dazu eingeschränkt sind, wie beispielsweise seit langem in Bezug auf die Meinungsäußerungsfreiheit durchaus anerkannt ist.
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