… denn wenn man sich als Eigentümer eines Pferdes dessen Nutzung mit jemand anderem teilt um die Kosten zu minimieren, kann man nicht in einem Vertrag jede Haftung für einen Sturz ausschließen. Und das kann im Falles eines „Falles“ richtig teuer werden.
Was ist passiert:
Die Eigentümerin eines Pferdes hatte mit einer erfahrenen Reiterin einen Reitbeteiligungsvertrag geschlossen (der Vordruck stammt aus dem Internet), der pauschal jegliche Haftung der Tiereigentümerin ausschloss, soweit sie nicht von der Tierhalterhaftpflichtversicherung abgedeckt war.
Es kam wie kommen sollte; bei einem Ausritt der Reitbeteiligung mit dem Pferd ging dieses unkontrollierbar ohnerlei Anlass durch und setzte die Reiterin unsanft ab. Resultat: Schmerzen in der Schulter, Arztbesuch, Behandlungskosten.
Die Krankenkasse der Frau forderte anschließend die erstatteten Behandlungskosten von der Eigentümerin zurück. „Aufgrund der im Unfallzeitpunkt vorherrschenden Fliehkräfte und der Geschwindigkeit des Pferdes wäre die Versicherungsnehmerin auch bei Beachtung jedweder Sorgfalt vom Pferd gestürzt“, argumentierte die Krankenkasse vor Gericht. Damit drang sie vor dem AG Homburg zunächst nicht durch, das LG Saarbrücken sprach der Krankenkasse dann doch rund 4.000 Euro zu (Urteil vom 11.04.2024 – 13 S 74/23). Denn der generelle Haftungsausschluss in dem Vertrag verstoße gegen die Vorschriften für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Denn nach § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB, der auch für unerlaubte Handlungen sowie bei der Gefährdungshaftung gelte, sei eine Klausel unwirksam, wenn darin ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen, vorgesehen sei.
Sprich: Die Klauseln zum Haftungsausschluss sind unwirksam
Denn bei der Haftungsklausel aus dem Reitbeteiligungsvertrag handele es sich ausweislich der Gestaltung und Formulierung um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 BGB und diese verstoße gegen § 309 Nr. 7 lit. a) BGB. Nach dieser Norm, die auch bei unerlaubten Handlungen sowie bei der Gefährdungshaftung Anwendung findet (siehe Staudinger/Coester-Waltjen, (2022), BGB, § 309 Nr. 7, Rn. 4 m.w.N.), ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen, unwirksam. Durch die streitgegenständliche Klausel solle auch bei Personenschäden – wie hier – sowohl die einfache als auch die grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus verstoße § 5 Nr. 1 des Reitbeteiligungsvertrages auch gegen § 309 Nr. 7 lit. b) BGB. Danach sei in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen, unwirksam. Durch die streitgegenständliche Klausel soll auch bei sonstigen Schäden die grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden.
Und noch schlimmer: weder Mitverschulden noch bewusste Eigengefährdung
Auch wenn die Reitbeteiligung auf dem Stoppelfeld einen neuen Vereinsrekord mit dem ansonsten immer braven Pferd aufstellen wollte hat sich bei dem Sturz nur die spezifische Tiergefahr verwirklicht, für welche die Eigentümer (und nicht die Reitbeteiligung) nach § 833 S. 1 BGB haftet.
Für ein Mitverschulden der Reiterin, das die Haftung der Eigentümerin hätte mindern können (§ 254 BGB), gäbe es keinen Anhaltspunkt. Denn eine Bremsung des Pferdes mit den Zügeln sei nicht erfolgreich gewesen und eine Wendung aufgrund der örtlichen Begebenheiten unmöglich. Und für ein Mitverschulden sei der Tierhalter, bzw. die Tierhalterin beweispflichtig.
Auch einen „Haftungsausschluss wegen Handelns auf eigene Gefahr“ verneinte das Gericht. Die liege nur vor, wenn sich der Geschädigte bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begeben habe. Nur bei derartiger Gefahrexponierung kann von einer bewussten Risikoübernahme mit der Folge eines vollständigen Haftungsausschlusses für den Schädiger ausgegangen werden. Bei der Tierhalterhaftung hat der BGH eine vollständige Haftungsfreistellung auch des Tierhalters unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erwogen.
Dieses Urteil zeigt mal wieder aufs Neue, wie gefährlich es sein kann, einen vorformulierten Vertrag für die Reitbeteiligung zu verwenden und auf eine anwaltliche Überprfung des Vertrages zu verzichten.
Gerne sind wir Ihnen bei der Erstellung eines Vertrages behilflich!