Eine Abmahnung zu erhalten, kann für Arbeitnehmer zunächst ein Schock sein – vor allem, wenn diese als ungerecht empfunden wird. Doch keine Panik: Arbeitnehmer sind nicht rechtlos. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, gegen eine ungerechtfertigte Abmahnung vorzugehen. Doch nicht jede Maßnahme ist auch immer sinnvoll. Hier finden Sie einen Überblick über Ihre Optionen und die Vor- und Nachteile, die damit einhergehen.
Ein klärendes Gespräch suchen
Der einfachste und oft schnellste Schritt ist es zunächst das direkte Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Auf diese Weise können ggf. bestehende Missverständnisse schnell erkannt und ausgeräumt werden. Zudem bleibt das Arbeitsverhältnis zunächst intakt und wird nicht durch ausufernden Schriftverkehr oder gar ein Verfahren beeinträchtigt. Eine Klärung der Angelegenheit ist somit ohne finanzielle Risiken möglich. Sofern die Abmahnung berechtigt ist kann eine gesichtswahrende Entschuldigung in Betracht kommen.
Voraussetzung ist jedoch, dass sich der Arbeitgeber überhaupt auf das Gespräch und eine Aufklärung des Sachverhalts einlässt. Je nach Größe des Betriebs und Grundlage der Abmahnung kann hier die Aussicht auf Erfolg variieren – kleinere und familiärere Betriebe sind eher geneigt, solche Angelegenheiten persönlich zu klären. Der Arbeitgeber ist jedoch auch bei Vorliegen entsprechender Argumente nicht verpflichtet, die Abmahnung zurückzunehmen. Sollten Sie eine Einigung erzielen, sollte die Rücknahme der Abmahnung schriftlich festgehalten werden.
Tipp: Bereiten Sie sich gut vor und bleiben Sie sachlich. Argumentieren Sie mit Fakten, nicht aus der Emotion heraus – denn das könnte die Sache eher schlimmer machen.
Gegendarstellung verfassen
Nach § 83 Abs. 2 BetrVG sind Erklärungen des Arbeitnehmers zum Inhalt der Personalakte dieser beizufügen. Dies umfasst somit auch eine schriftliche Gegendarstellung zu einer Abmahnung. Die Gegendarstellung bietet sich vor allem dann an, wenn die Abmahnung den Sachverhalt falsch oder unvollständig darstellt und die Vorwürfe offensichtlich unzutreffend sind.
Der Vorteil liegt klar auf der Hand. Eine schriftliche Gegendarstellung dokumentiert Ihre Sicht der Dinge und kann bei einer späteren Streitigkeit oder gar einer Kündigung eine wichtige Rolle spielen. Zudem vermeiden Sie auch hier einen direkten Konflikt mit Ihrem Arbeitgeber.
Auch wenn Ihre Gegendarstellung in die Personalakte aufgenommen wird, bleibt die eigentliche Abmahnung bestehen und Ihrer Akte erhalten. Die Gegendarstellung hat dabei zunächst keinen unmittelbaren Einfluss auf die Rechtswirksamkeit der Abmahnung. Ist die Formulierung der Abmahnung zu unklar sollte dies nicht aufgegriffen werden – Ihr Arbeitgeber könnte dies sonst als Anlass für eine „Verbesserung“ der Abmahnung sehen.
Tipp: Formulieren Sie Ihre Gegendarstellung präzise und ohne Vorwürfe. Konzentrieren Sie sich auf Fakten.
Den Betriebsrat einschalten – Beschwerde
Sofern in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat besteht können Sie sich bei diesem über die erhaltene Abmahnung beschweren. Der Betriebsrat muss diese Beschwerde anschließend prüfen und – falls er sie für berechtigt ansieht – beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinwirken [§ 85 Abs. 1 BetrVG].
Der Betriebsrat tritt hierbei als Vermittler auf und kann Missverständnisse ansprechen. Eine rechtliche Befugnis, eine Abmahnung eigenständig aufzuheben, hat der Betriebsrat nicht. Dieses Vorgehen bietet sich insbesondere dann an, wenn das abgemahnte Verhalten auch betriebliche Abläufe umfasst, in denen der Betriebsrat aktiv und informiert ist und bei denen ggf. auch zukünftige Missverständnisse und Vorfälle vermieden werden könnten. Durch die Beschwerde entstehen Ihnen zudem keine Kosten.
Kommen der Arbeitgeber und der Betriebsrat zu dem Ergebnis, dass die Beschwerde begründet war muss er den Beschwerdegrund beseitigen – also die Abmahnung entfernen.
Abmahnung gerichtlich überprüfen lassen
Wenn Sie eine ungerechtfertigte Abmahnung nicht hinnehmen wollen, kann auch der Rechtsweg eingeschlagen werden. Mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht kann die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte beantragt werden.
Eine gerichtliche Entscheidung bringt Ihnen Klarheit und zwingt den Arbeitgeber bei Erfolg, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Je nach Sachlage und Schwere der Vorwürfe kann hierbei auch ein entsprechender Vergleich getroffen werden.
Hierbei sollten jedoch auch die Risiken eines solchen Vorgehens bedacht werden. Denn ein Gerichtsverfahren kann durchaus zeit- und kostenintensiv werden. Selbst wenn Sie die inhaltliche oder formelle Unwirksamkeit der Abmahnung feststellen lassen geben Sie dem Arbeitgeber hierdurch vermutlich sogar noch Hinweise, die er bei der nächsten Abmahnung beachten wird. Sollte die Klage scheitern bleibt die Abmahnung nicht nur bestehen, sondern wird sogar durch das Arbeitsgericht bestätigt – was Ihre Position in späteren Streitigkeiten eher schwächt. Zudem wird das Verhältnis zu Ihrem Arbeitgeber durch die Klage und das Verfahren weiter belastet, was eine zukünftige Zusammenarbeit beeinträchtigen kann.
Tipp: Bevor Sie klagen, sollten Sie rechtlichen Rat einholen, um Ihre Erfolgschancen realistisch einzuschätzen. Von einer Klage aus rein formellen Gründen ist abzuraten.
Abwarten und nicht reagieren
In manchen Fällen kann es dabei auch strategisch sinnvoll sein, nicht sofort gegen eine Abmahnung vorzugehen – sondern diese vielmehr einfach hinzunehmen. Dies gilt insbesondere, wenn (noch) kein Kündigungsschutz besteht.
Für Sie selbst entstehen keine Kosten und Sie müssen sich auch in zeitlicher Hinsicht nicht länger als nötig mit der Abmahnung befassen. Abmahnungen verlieren – je nach Schwere des Vorwurfs – nach einer gewissen Zeit an Relevanz. Sofern Sie auf formelle Fehler der Abmahnung stoßen [falsche Person, fehlende Warnung, etc.] sollten Sie diese nicht ansprechen – vielmehr können diese vorgebracht werden, falls die Abmahnung später doch nochmal relevant wird.
Sofern Sie die Abmahnung aussitzen verbleibt diese zunächst in der Personalakte. Bei wiederholten gleichartigen Vorwürfen kann Sie später als Begründung für eine Kündigung herangezogen werden. Ob die darauf begründete Kündigung wirksam ist richtet sich dann auch nach der Wirksamkeit der vorherigen Abmahnung.
Tipp: Überlegen Sie gut, ob Abwarten in Ihrem konkreten Fall eine kluge Option ist. Formelle Fehler der Abmahnung sollten Sie jedoch nicht ansprechen.
Fazit: Was ist der beste Weg?
Es gibt keinen „Königsweg“ der für alle Fälle passt. Die richtige Strategie hängt vielmehr davon ab, wie schwerwiegend die Vorwürfe sind und wie stabil das Verhältnis zum Arbeitgeber aussieht. Ob eine gerichtliche Überprüfung sinnvoll ist hängt vom jeweiligen Fall ab, ein Vorgehen gegen formelle Fehler ist aber nicht zu empfehlen.
Achten Sie darauf, dem Arbeitgeber aus der Emotion oder dem Schock heraus nicht noch weitere Gründe für eine Abmahnung oder gar mehr zu bieten. Denken Sie zudem daran: Jede Maßnahme hat Vor- und Nachteile. Holen Sie sich frühzeitig rechtlichen Rat, um die für Sie beste Entscheidung zu treffen.
Haben Sie eine ungerechtfertigte Abmahnung erhalten oder Fragen zu diesem Thema? Ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber – ich unterstütze Sie bei Ihren arbeitsrechtlichen Anliegen. Schreiben Sie mir an info@kanzlei-apitzsch.de oder rufen Sie mich an unter 0341 23460119. Gemeinsam finden wir eine Lösung!