Steuerschlupfloch Superyacht? Wurde bei Roman Abramowitschs „Eclipse“ mit Tricks gearbeitet, um Steuern zu sparen? (Archivbild)
Quelle: Imago
Yacht sollte als Unternehmen genutzt werden
Interne Dokumente mehrerer zyprischer Finanzdienstleister legen offen, wie sanktionierte russische Oligarchen Zypern als eine Art Hintertür zur Europäischen Union genutzt haben.14.11.2023 | 40:51 min
Das augenscheinliche Ziel: Abramowitsch sollte möglichst wenig Steuern auf seine Yachten-Flotte zahlen müssen. Sie entwarfen ein Firmengeflecht, das offenbar eine unternehmerische Nutzung der Schiffe vortäuschen sollte, um dadurch Steuervorteile zu bekommen. Die „Eclipse“ war wohl mindestens bis 2012 ein Teil dieses Konstrukts.
Steuervorteile durch vorgetäuschte Nutzung?
Gemeint sind wohl Steuernachzahlungen. Doch auch die Vorzüge sind den Beteiligten offenbar bewusst. In einem Papier von 2005 heißt es:
Wir wollen vermeiden, auf den Kaufpreis der Yachten Mehrwertsteuer zu zahlen.
Kommunikation zur „Eclipse“ von 2005
Quelle: ICIJ / Ben King
Welche Rolle spielte das Konstrukt bei der „Eclipse“?
Dennoch könnte Abramowitschs Yacht-Konstrukt deutsche Steuerfahnder interessieren. Und zwar, wenn es um die einzelnen Lieferungen für die „Ausrüstung und Versorgung“ der Yacht geht, während sie gebaut wurde. Da sind die Regeln nämlich strenger. Tatsächlich warnt einer der Hamburger Steuerberater, der Abramowitschs Helfer berät: Er brauche Nachweise für die gewerbliche Nutzung der „Eclipse“.
Werde das Schiff nicht gewerblich genutzt, unterlägen die Güter für die Yacht der deutschen Mehrwertsteuer. „Die Sache wird jetzt dringend“, es stünden bald Lieferungen im Wert von mehreren Dutzend Millionen Euro an. Richtig ist: Nur bei ausländischen Abnehmern, die das Schiff zusätzlich für Zwecke ihres Unternehmens nutzen, werden keine Steuern erhoben.
Betriebliche Nutzung der „Eclipse“, um in Deutschland Steuern zu sparen? Bei Abramowitsch-Beratern war das Thema.
Quelle: ZDF frontal
Prominente Namen auf Gästelisten der Yacht
Ob tatsächlich keine Steuern auf die Güter für die „Eclipse“ bezahlt wurden, bleibt unklar. Die Werft Blohm + Voss wollte zu entsprechenden Fragen keine Auskunft geben, ebenso die deutschen Steuerberater des russischen Oligarchen. Auch das Hamburger Finanzamt teilte mit, man könne zu Einzelfällen keine Angaben machen. Grundsätzlich gelte aber: Ließe sich nachweisen, dass ein Steuerpflichtiger die unternehmerische Nutzung einer Yacht vorsätzlich fingiere, wäre das eine Steuerhinterziehung.
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Wie Abramowitsch seine Yachten tatsächlich nutzte, war jedenfalls oft genug in Zeitungen nachzulesen. Zum Jahreswechsel 2012 etwa gab der russische Oligarch vor der Karibikinsel St. Barts eine Silvesterparty, für die er sogar die Band „Red Hot Chili Peppers“ einfliegen ließ. Die Yacht diente dabei offenbar einigen Gästen als luxuriöse Unterkunft. Auf geleakten Listen von Nutzern, denen Abramowitsch offenbar seine Yachten überließ, finden sich auch so prominente Namen wie „Mourinho“, also womöglich der damalige Trainer des FC Chelsea, oder „Yeltsin“, vermutlich der inzwischen verstorbene russische Präsident Boris Jelzin. José Mourinho ließ eine Anfrage dazu unbeantwortet.
Die Dokumente zeigen außerdem: Auch beim Betanken von Abramowitschs Yachten könnte getrickst worden sein: Gewerblich genutzte Yachten können in der EU nämlich von Steuern für Kraftstoffe befreit werden. Auch hier stellt sich die Frage, ob die Helfer des Oligarchen mit der Steuer tricksten.
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Abramowitsch dementiert Vorwürfe
Abramowitsch selbst ließ über seine Anwälte ausrichten: Von einer angeblichen Täuschung von Behörden habe er nichts gewusst – und auch nichts wissen können. Er habe stets auf professionelle Rechts- und Steuerberater vertraut, und sei auch nicht persönlich verantwortlich zu machen. Der Manager, der 2005 vor einem „entschlossenen Ermittler“ warnte, gab an, er könne sich nicht erinnern.
Inzwischen dürfte sich Abramowitsch aus der EU zurückgezogen haben. Wohl um vor Sanktionen sicher zu sein, ankert die „Eclipse“ nun vor der türkischen Küste, geschützt vor dem Zugriff europäischer Beamter. Ob deutsche Finanzämter den mutmaßlichen Steuertricks noch einmal nachgehen, ist offen. Üblicherweise liegt die Verjährungsfrist in Deutschland nur bei fünf Jahren, in besonders schweren Fällen jedoch bei 15 Jahren.
Geheimer Schatz des Oligarchen
:Abramowitsch, die Ex-Frau und die Kunst
Geheime Unterlagen zeigen, welche Kunstwerke der russische Oligarch Abramowitsch erworben hat. Finanzdienstleister auf Zypern halfen offenbar, die Geschäfte zu verschleiern.
von R. Davies, F. Obermaier, M. Orosz, R. Schaar, T. Schober und A.Trenkler
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