Wer unter Alkoholeinfluss ein Kraftfahrzeug führt, kann sich strafbar machen – je nach Einzelfall wegen Ordnungswidrigkeit (§ 24a StVG) oder wegen einer Straftat (§ 316 StGB – Trunkenheit im Verkehr oder § 315c StGB – Gefährdung des Straßenverkehrs). Besonders gravierend wird es jedoch, wenn dem Fahrer Vorsatz unterstellt wird. Denn dann drohen höhere Strafen, kein Fahrverbot, sondern Entziehung der Fahrerlaubnis – und ein Eintrag im Fahreignungsregister mit 3 Punkten.
⚖️ 1. Der Unterschied: Fahrlässigkeit oder Vorsatz
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Bei fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr wird unterstellt, dass der Fahrer nicht wusste, dass er fahruntüchtig war.
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Bei vorsätzlicher Trunkenheit hingegen wusste oder ahnte der Fahrer, dass er alkoholbedingt nicht mehr in der Lage war, ein Fahrzeug sicher zu führen – und fuhr trotzdem los.
Vorsatz bedeutet: Wissen und Wollen der Tat oder zumindest das Billigen der Möglichkeit (sog. „Eventualvorsatz“).
đź§ 2. Wann liegt Vorsatz bei einer Alkoholfahrt vor?
Die Rechtsprechung stellt strenge Anforderungen. FĂĽr den Vorsatz muss festgestellt werden:
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Der Fahrer erkannte, dass er alkoholbedingt nicht mehr fahrtĂĽchtig war
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Und: Er fuhr trotzdem los, nahm die FahruntĂĽchtigkeit also billigend in Kauf
Achtung: Das bloĂźe Wissen, dass man Alkohol getrunken hat, reicht nicht aus!
Das Bewusstsein „Ich habe getrunken“ ist nicht gleich „Ich bin fahruntüchtig“.
📊 3. Indizien für Vorsatz – darauf achten Gerichte
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Höhe der BAK: Je höher die Blutalkoholkonzentration (BAK), desto eher wird Vorsatz angenommen – bei Werten ab ca. 1,6‰ steigt das Risiko.
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Alkoholerfahrung des Fahrers: Wiederholungstäter, routinierte Trinker oder Fahrer mit Vorahnung
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Aussagen des Fahrers: Wer z. B. gegenüber der Polizei sagt: „Ich wusste, das war keine gute Idee“, hat sich selbst belastet!
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Täterverhalten: Unsicheres Fahren, Ausfallerscheinungen oder das Vermeiden von Polizeikontrollen können als Hinweis gewertet werden.
🛑 4. Aussageverhalten – Reden ist Silber, Schweigen ist Gold
Ein zentrales Verteidigungsmittel gegen die Annahme von Vorsatz ist: Schweigen!
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Wer schweigt, zwingt das Gericht, Indizien zu würdigen – und das ist oft schwer.
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Keine Angaben zur Trinkmenge, zur Fahrtauglichkeit, zur „gefühlten Sicherheit“.
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Viele Verurteilungen wegen vorsätzlicher Trunkenheit basieren auf unbedachten Aussagen wie:
„Ich dachte, es geht schon“, „War ja nicht weit“, oder „Ich hab ja schon gegessen.“
🔍 5. Strafrechtliche Unterschiede – Warum der Vorsatz so schwer wiegt
Kriterium | Fahrlässigkeit | Vorsatz |
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§ 316 StGB | Anwendbar | Anwendbar |
Strafmaß | i. d. R. Geldstrafe | häufig Freiheitsstrafe (ggf. Bewährung) |
Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) | evtl. nur Fahrverbot | Regelmäßig Entziehung der Fahrerlaubnis |
MPU-Anordnung | Möglich | Sehr wahrscheinlich |
Regress durch Versicherer | Selten | Häufig bei grober Fahrlässigkeit/Vorsatz |
Eintrag im Führungszeugnis | teils (ab 90 TS oder Freiheitsstrafe) | regelmäßig bei Vorsatz |
âś… 6. Verteidigungstipps bei Vorsatzvorwurf
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Keine Einlassung zur Sache ohne anwaltliche Beratung!
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Akteneinsicht abwarten – was liegt der Polizei/der Staatsanwaltschaft vor?
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Trinkmengen und Uhrzeiten genau prüfen lassen – ggf. Rückrechnung durch Gutachter
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Verneinung der Fahruntüchtigkeit möglich? (z. B. bei hoher Toleranz oder kurzer Fahrstrecke)
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Nachtrunkbehauptung prĂĽfen, ggf. mit Begleitstoffanalyse
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Nachweise zur Alkoholtoleranz / fehlenden Ausfallerscheinungen beibringen
đź§ľ Fazit
Der Unterschied zwischen fahrlässiger und vorsätzlicher Alkoholfahrt ist mehr als juristische Haarspalterei – er entscheidet über das Strafmaß, den Führerschein, die MPU und teils die berufliche Existenz. Wer schweigt und professionell verteidigt wird, kann den Vorwurf des Vorsatzes häufig entkräften oder auf eine mildere Bewertunghinwirken. Wichtig ist, frühzeitig zu reagieren – und keine unüberlegten Aussagen zu machen.