Mehr als die Hälfte der Bürgergeld-Empfänger hat in den zurückliegenden vier Wochen laut einer Studie nicht aktiv nach einer Arbeitsstelle gesucht. Das liegt häufig an gesundheitlichen Problemen – aber nicht nur.
Mehr als die Hälfte der Bürgergeld-Bezieher sucht nicht intensiv nach einer neuen Beschäftigung. Das geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung und des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) hervor.
Dazu wurden rund 1.000 Bürgergeldempfänger im Alter zwischen 25 und 50 Jahren im Frühjahr 2025 befragt. 57 Prozent aller Befragten gaben dabei an, in den vergangenen vier Wochen nicht aktiv einen Job gesucht zu haben.
Krankheit hindert viele an der Jobsuche
Gesundheitliche Probleme sind dabei der größte Hinderungsgrund. 74 Prozent der Interviewten sagten, sie seien aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Jobsuche in der Lage.
Knapp die Hälfte aller Befragten sagte zudem, es gebe wenig passende Stellen. 26 Prozent erklärten, dass sich die eigene finanzielle Lage nicht verbessern würde, und 22 Prozent sagen, sie seien durch die Pflege von Angehörigen oder die Kinderbetreuung gebunden. Weitere elf Prozent führten an, dass sie sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser halten.
Viele hatten noch nie ein Stellenangebot vom Jobcenter
Die Studie zeigt aber auch: Bei der Stellensuche sind die Jobcenter vielen Bürgergeld-Beziehern keine große Hilfe. 43 Prozent der Befragten berichteten, sie hätten noch nie ein Stellenangebot von den Jobcentern erhalten. Bei der Weiterbildung ist der Wert nur etwas besser: 38 Prozent sagen, dass sie bei der Vorbereitung auf einen möglichen neuen Job bislang leer ausgegangen sind.
„Die Jobcenter müssen den Schwerpunkt neu setzen“, erklärte Roman Wink von der Bertelsmann Stiftung. „Weniger Bürokratie, mehr Vermittlung.“ Die Jobcenter müssten Menschen in passende Arbeit bringen.
Besser Sozialhilfe statt Bürgergeld?
Nach Angaben der Bertelsmann Stiftung beziehen derzeit 1,8 Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld. Sie sind also arbeitslos gemeldet und somit grundsätzlich erwerbsfähig.
Die Stiftung wertete die Ergebnisse der Umfrage als Beleg für die Notwendigkeit einer anderen Herangehensweise. Würden chronische oder psychische Erkrankungen keine realistische Chance auf eine Integration in den Arbeitsmarkt bieten, sollte „ein Wechsel aus der Grundsicherung in ein besser passendes Unterstützungssystem wie die Sozialhilfe oder die Erwerbsminderungsrente geprüft werden“, sagte Stiftungsmitarbeiter Tobias Ortmann.
Kritik vom Paritätischen Gesamtverband
Der Paritätische Gesamtverband kritisierte die öffentliche Darstellung der Ergebnisse. Die Studie erfasse ausschließlich Langzeitbeziehende von mehr als einem Jahr im Bürgergeld und nicht „die Bürgergeld-Beziehenden“ insgesamt, was das Bild verzerre.
Die Aussage, die Hälfte suche keinen Job, sei irreführend. Tatsächlich hätten 59 Prozent der Nicht-Suchenden legitime Gründe wie Krankheit oder die Teilnahme an einer Maßnahme. Von den übrigen 41 Prozent seien wiederum 73 Prozent aktiv auf Arbeitssuche.
