Zum ersten Mal nimmt Russland Schulden in chinesischer Währung auf. Die Achse Moskau und Peking wird damit enger, und die Botschaft unmissverständlich: Der Dollar ist nicht mehr unumstritten.
Es ist ein Schritt mit Signalwirkung: Russland gibt erstmals Staatsanleihen in chinesischen Yuan aus. Genannt wurde der 8. Dezember als Starttermin für den Verkauf der Papiere auf dem heimischen Markt. Der Schritt macht deutlich, wie stark Russland inzwischen aus dem westlichen Wirtschaftsraum herausgedrängt wurde und wie fest es sich an China bindet.
Seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine und den folgenden Sanktionen hat Russland seine Energieexporte radikal umgelenkt. Öl und Gas fließen inzwischen in großem Umfang nach China – bezahlt wird häufig in Yuan. Russische Banken sitzen deshalb auf hohen Yuan-Guthaben, die der Staat nun übernimmt und gegen Anleihen tauscht. Laut Bloomberg sind die russischen Ölexporte nach China zuletzt aber trotz enger Zusammenarbeit zeitweise zurückgegangen, unter anderem wegen neuer US-Sanktionen.
Was Moskau mit den Yuan vorhat
Welche Strategie Russland mit den übernommenen Yuan verfolgt, bleibt offiziell offen. Jörg Krämer, Chefvolkswirt von der Commerzbank, nennt im Gespräch mit der ARD-Finanzredaktion zwei wahrscheinliche Motive: Einerseits könnte Moskau seine Devisenreserven in chinesischer Währung ausbauen – ein Schutzpolster für einen enger werdenden Handel mit Peking.
Andererseits sei denkbar, dass die Regierung mit den Yuan in China Technologie und Bauteile einkauft, „etwa Halbleiter oder andere Komponenten für die Rüstungsindustrie“. Beides zeigt vor allem: Russlands Wirtschaft ist inzwischen stark auf China ausgerichtet und der Spielraum wird kleiner.
Wachsende Abhängigkeit von China
Ökonom Krämer sieht in dem Schritt Russlands eine deutliche geopolitische Verschiebung: „China ist die dominierende Macht in dieser Beziehung, Russland eher ein Anhängsel“, sagt er. Nicht zufällig sei häufig vom „Tankstellenstaat Chinas“ die Rede.
Dass Russland sich damit noch stärker abhängig macht, hält Krämer für unübersehbar: Moskau verliere wirtschaftlichen Spielraum, zugleich wachse Pekings Einfluss.
Signal gegen den Dollar – aber keine echte Alternative
Beide Länder eint laut Krämer vor allem eines: die Ablehnung des Westens und der Wunsch, sich der Dollar-Dominanz zu entziehen. Die neue Yuan-Anleihe sei dafür ein sichtbares Zeichen.
Doch trotz symbolischer Kraft ist der Yuan nach Einschätzung Krämers weit davon entfernt, eine echte Leitwährung zu sein. „Der Yuan ist nicht frei konvertierbar. Guthaben können nicht ohne Weiteres aus China abgezogen werden. Das begrenzt seine Rolle massiv“, sagt er.
Warum der Yuan kaum international genutzt wird
Krämer verweist darauf, dass China bereits heute zu den größten Wirtschaftsmächten der Welt zählt – je nach Berechnung sogar zur größten Industriemacht. „Und das war alles möglich, obwohl sie keine Weltleitwährung haben“, sagt er. Der Erfolg Chinas sei also kein Beweis dafür, dass der Yuan global an Bedeutung gewinne.
Selbst Länder, die dem Westen kritisch gegenüberstehen, nutzen den Yuan nur begrenzt. Für eine Weltleitwährung brauche es Vertrauen, Rechtsstaatlichkeit, transparente Märkte und die Möglichkeit, Geld jederzeit frei zu bewegen. All das fehlt dem chinesischen Finanzsystem.
Die Folge: Russland und China können ihren Handel zwar zunehmend unabhängig vom Westen organisieren, doch global bleibt die Relevanz des Yuan gering.
Dollar bleibt Leitwährung – vorerst
Wie lange bleibt der Dollar also dominant? Nach Krämers Einschätzung, mindestens noch „zehn, zwanzig oder dreißig Jahre“. Nicht, weil er makellos wäre – aber weil es schlicht keine echte Alternative gebe.
Kurzfristig könnte der Dollar allerdings unter Druck bleiben. Viele Ökonominnen und Ökonomen erwarten eine Phase der Schwäche, besonders wenn die US-Notenbank unter politischem Einfluss gerät. Für das langfristige Gefüge der Finanzwelt ändere das aber wenig.

