Das Delta-System der Ukraine reduziert die Angriffszeit auf russische Stellungen auf zwei Minuten.
Das System kombiniert Echtzeitdaten und unterstützt 90 Prozent der ukrainischen Kampftruppen aktiv.
Delta verbessert kontinuierlich die Effizienz und Reaktionsgeschwindigkeit im. Gefechtsfeldmanagement.
Was die Ukraine früher Tage kostete, dauert jetzt nur noch Minuten. Ein hochrangiger Verteidigungsbeamter erklärte Business Insider, dass die Kiewer Streitkräfte mithilfe eines wichtigen Gefechtsfeldführungssystems namens Delta russische Stellungen nahezu augenblicklich aufspüren, anvisieren und angreifen können.
Vor der Einführung von Delta, dem digitalen Gefechtsfeldmanagementsystem der Ukraine, dauerte es durchschnittlich bis zu 72 Stunden, bis nach der Erkennung eines russischen Ziels die Daten für einen Angriff weitergeleitet wurden. Das äußerte Oberstleutnant Yurii Myronenko, stellvertretender Verteidigungsminister für Innovation in Kiew.
„Während dieser Zeit änderte das Ziel oft seine Position, wodurch die Daten veraltet waren“, erklärte Myronenko. Er ist ein ehemaliger Drohnenkommandant, der die digitale Transformation des ukrainischen Militärs überwacht.
Das Delta-System hat den Zyklus auf etwa zwei Minuten verkürzt und unterstreicht damit, wie sehr die Technologie die Kampfhandlungen der Ukraine beschleunigt hat.
Das System spiegelt auch wider, wie die Ukraine und das Schlachtfeld weiterhin ein Testfeld für neue inländische – und ausländische – Verteidigungstechnologien sind. Kiew hat sich dafür eingesetzt, dass westliche Unternehmen ihre Waffen entwickeln und im Kampf einsetzen. Und zwar um Erfahrungen zu sammeln, die sie anderswo nicht gewinnen könnten.
Das System arbeitet gemäß der Nato-Standards
Delta ist ein integriertes System, welches dem ukrainischen Militär Situationsbewusstsein vermittelt. Es kombiniert Echtzeitdaten aus Satellitenbildern, Radaren, Drohnenaufklärung, Fronttruppen und anderen Quellen.
Alle diese Informationen werden in eine interaktive digitale Karte eingespeist, auf der die Nutzer – von der ukrainischen Marine bis zur Luftwaffe – leicht feindliche Stellungen identifizieren oder eigene Streitkräfte verfolgen können und sich so ein vollständiges Lagebild des Schlachtfelds verschaffen.
Das Schlachtfeldmanagementsystem ist seit Beginn der groß angelegten Invasion Russlands im Februar 2022 im Einsatz. Seitdem wurde es mehrfach geändert und verbessert, unter anderem durch die Integration in die Cloud. Die Einheiten testeten Delta kontinuierlich und gaben ihr Feedback an Kiew weiter. Dort wurde das System an die operativen Anforderungen angepasst.
Delta arbeitet gemäß den Nato-Standards und diente sogar als Hauptkommando- und Kontrollsystem während einer großen Übung, die Anfang dieses Jahres von dem Militärbündnis veranstaltet wurde. Ein wichtiges Beispiel dafür, wie sehr sich der Westen auf ukrainische Innovationen und Erfahrungen stützt.
„Seine Anwendung hat sich zur Grundlage eines modernen Ansatzes für das Gefechtsfeldmanagement entwickelt und die Effizienz und Entscheidungsgeschwindigkeit auf allen Ebenen deutlich erhöht“, sagte Myronenko.
Delta hat unterschiedliche Reaktionszeiten für verschiedene Waffen
Da neue Technologien in der Ukraine weiterhin eine dominierende Rolle spielen, gewinnt Delta zunehmend an Bedeutung für das Schlachtfeldmanagement des Landes. Rund 90 Prozent der ukrainischen Kampfeinheiten nutzen das System aktiv, so der stellvertretende Verteidigungsminister.
Delta habe „die Herangehensweise an die Erfassung, Verarbeitung und Weitergabe von Informationen grundlegend verändert“, erklärte er.
„Die ukrainischen Streitkräfte sind von der manuellen Arbeit mit Papierkarten zu einer digitalen, integrierten Plattform übergegangen, die das reale Schlachtfeld widerspiegelt und selbst unter hochtechnologischen gegnerischen Bedingungen ein effektives Vorgehen ermöglicht“, sagte er.
Delta hat zwar den Zyklus zwischen der Zielerfassung und der Weiterleitung der Daten an die Einheiten für den Einsatz verkürzt, doch nicht alle Angriffe erfolgen innerhalb von Minuten. Dies kann von einer Reihe von Faktoren abhängen. Darunter die Einsatzbereitschaft der Einheit, die Art des Ziels sowie die Wetter- und Geländebedingungen.
Die Entfernung zum Ziel ist ebenfalls wichtig. Die Waffensysteme der Ukraine seien darauf ausgelegt, russische Stellungen in Entfernungen von wenigen Kilometern bis zu Hunderten von Kilometern anzugreifen, so Myronenko.
Beispielsweise kann eine kleine Drohne mit First-Person-View (FPV) vom Boden aus starten und ihr Ziel in nur drei Minuten erreichen. Das ist jedoch von Faktoren wie der Bereitschaft des Piloten, dem Wind und dem Gelände abhängig.
Externe Faktoren können das Delta-System trotzdem beeinflussen
Ähnlich verhält es sich mit einer 155-Millimeter-Haubitze, die Artilleriegeschosse über Dutzende von Kilometern hinweg abfeuern kann. Wenn die Besatzung bereit ist, kann sie innerhalb weniger Minuten nach Erhalt eines Befehls feuern.
Komplexere Waffen mit größerer Reichweite – wie bestimmte Drohnen mit festen Tragflächen oder taktische Raketen- oder Flugkörpersysteme –, die Hunderte von Kilometern weit schlagen können, benötigen möglicherweise 30 Minuten oder mehrere Stunden für die Planung vor dem Einsatz und die Startvorbereitungen. Auch, wenn die Flugzeit viel kürzer ist.
Myronenko sagte, dass externe Faktoren – Gelände, Wetter, Tageszeit und Signallatenz – die Reaktionsgeschwindigkeit jedes Waffensystems beeinflussen können. Hinzu kommt der menschliche Faktor: Ermüdung der Besatzung, Arbeitsbelastung oder Erfahrungsniveau.
„Daher ist es genauer zu sagen, dass taktische Kurzstreckensysteme die schnellste Reaktion in Frontnähe bieten. Währenddessen operieren Langstreckensysteme innerhalb eines längeren, aber komplexeren und sorgfältig geplanten Zyklus“, sagte er.
Dennoch hat das ukrainische Delta-System die Reaktionszeit erheblich verkürzt.
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