- Laut „Bild“ kündigt Airbus an, das klassische Flugzeugdesign durch einen Blended-Wing-Body zu ersetzen.
- Airbus forscht seit 2017 an diesem Konzept, um emissionsfreie Luftfahrt zu fördern.
- Startups wie Natilus und JetZero entwickeln ebenfalls BWB-Modelle, um den Markt zu revolutionieren.
Die Zukunft der Luftfahrt könnte überraschend ähnlich aussehen wie die dreieckigen Papierflieger, die man als Kind gefaltet hat.
In einem Interview mit Tobias Fuchs und Martin Murphy bei „Bild“ sagte Airbus-Chef Guillaume Faury, dass Flugzeugbauer in den kommenden dreißig bis vierzig Jahren möglicherweise das klassische Rumpf-und-Flügel-Design aufgeben und stattdessen auf einen einzigen, dicken Flügel setzen werden, in den die Passagierkabine integriert ist.
Dieses Design – bekannt als „Blended-Wing-Body“ (BWB) – verteilt den Auftrieb über die gesamte Flügelfläche und ermöglicht dadurch eine höhere Tragfähigkeit und mehr Effizienz als herkömmliche Jets. Faury erklärte, ein Großraumflugzeug sei „besser geeignet“ für dieses Konzept.
Bessere Treibstoffeffizienz, aber keinen Ausblick
Er fügte hinzu, dass die Vorteile eines BWB aber auch Nachteile mit sich bringen könnten, darunter die Möglichkeit, dass Fenster wegfallen. Passagiere bekämen dann kein Tageslicht, und manche könnten sich desorientiert fühlen oder sogar Platzangst entwickeln.
Notfall-Evakuierungen könnten ebenfalls schwieriger werden: Passagiere und Crew hätten keinen Blick nach draußen, und Personen in der Mitte der Kabine wären weiter von den Ausgängen entfernt als in heutigen Jets.
Faurys Aussagen sind ein weiteres Zeichen dafür, dass Airbus in diesem Konzept Chancen sieht. In diesem Bereich konkurriert der Konzern aber mit neuen Flugzeugherstellern, die Airbus zuvorkommen wollen. Das BWB-Design selbst ist aber keine neue Erfindung.
Der Tarnkappenbomber Northrop B-2 Spirit – oft als bekanntestes „Flying-Wing“-Flugzeug genannt – flog erstmals im Jahr 1989. Obwohl das BWB-Konzept noch älter ist, gab es Anfang der Neunzigerjahre neue Aufmerksamkeit, als McDonnell Douglas gemeinsam mit der NASA an einem entsprechenden Transportflugzeug arbeitete, das schließlich zum BWB-17 weiterentwickelt wurde.
Nach der Fusion von McDonnell Douglas und Boeing im Jahr 1997 führte Boeing die Arbeiten mit der NASA fort und entwickelte die X-48-Demonstratoren, bis das Programm im Jahr 2013 dann schließlich beendet wurde.
Bislang ist das BWB-Konzept aber nur ein Prototyp
Bis heute wurde jedoch kein vollwertiges Passagier-BWB je zertifiziert oder geflogen – und Boeing hat selbst keine entsprechenden Entwicklungspläne angekündigt.
Airbus hingegen erforscht BWBs seit dem Jahr 2017. Jenes Design, das für rund 200 Passagiere ausgelegt ist, ist ein zentrales Element der ZEROe-Initiative für emissionsfreie Luftfahrt.
Im Jahr 2019 flog ein verkleinertes Demonstrationsmodell, das erhebliche Treibstoffeinsparungen – geschätzt rund zwanzig Prozent – sowie neue Kabinenkonzepte zeigte, die die breitere Form ermöglicht. Langfristig sollen solche Flugzeuge mit Wasserstoff statt mit Kerosin betrieben werden.
Trotz des frühen Schwungs hat Airbus seinen ursprünglichen ZEROe-Zeitplan für 2035 jedoch um bis zu zehn Jahre nach hinten verschoben.
Als Gründe nennt Airbus die komplexe Zertifizierung, die weltweit noch begrenzte Wasserstoff-Infrastruktur und die unsichere Akzeptanz durch Passagiere – besonders, wenn manche Sitze weit von natürlichem Licht entfernt wären.
Doch das BWB-Rennen ist längst nicht nur ein Airbus-Projekt.
Startups hoffen auf einen Durchbruch gegen Airbus und Boeing
Luftfahrt-Startups wie Natilus und JetZero setzen darauf, dass die ungewöhnliche BWB-Form das traditionelle Boeing-Airbus-Duopol aufbrechen kann – beide zielen auf Markteinführungen Anfang der dreißiger Jahre.
Das in San Diego ansässige Unternehmen Natilus entwickelt eine Schmalrumpf-Version namens Horizon, die den beiden Mittelstreckenflugzeugen Airbus A320 und Boeing 737 Konkurrenz machen soll – mit rund 25 Prozent geringerem Treibstoffverbrauch und 40 Prozent mehr Kabinenraum. Gleichzeitig soll das Flugzeug in die bestehende Flughafen-Infrastruktur passen.
CEO Aleksey Matyushev sagte zuvor gegenüber BUSINESS INSIDER, die Branche könnte in den kommenden zwanzig Jahren rund 40.000 Schmalrumpf-Jets zu wenig haben – weit mehr, als die beiden etablierten Hersteller liefern könnten.
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Horizon könnte durch die größere Kabine zudem breitere Sitze, Familienbereiche und andere Besonderheiten bieten, die heutige Schmalrumpf-Jets nicht haben. In Entwürfen aus dem Juli sind bis zu drei Gänge zu sehen statt ein oder zwei. Matyushev bestätigte Business Insider, dass das Flugzeug durchgehend Fenster haben wird.
Passagiere in den Mittelsitzen werden zwar weiter von den Fenstern entfernt sein, aber Natilus will Oberlichter und andere Lichtlösungen einsetzen, um den Außenblick zu simulieren.
Derweil arbeitet JetZero hundert Meilen weiter nördlich in Long Beach an einer Großraum-Version namens „Z4“, die bis zu 50 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen soll und Langstreckenjets wie die Boeing 767 und Airbus A330 ersetzen könnte.
Das Flugzeug hätte ähnliche Vorteile wie Horizon, was Flughafen-Kompatibilität und Sitzlayout betrifft.
JetZero hat bereits das Interesse von United Airlines geweckt. Im April erklärte United Airlines Ventures, man plane den Kauf von bis zu zweihundert Exemplaren des 250-Sitzers „Z4″. Geschäftsführer Andrew Chang sagte zuvor, der große Innenraum könne ein echter „Game Changer“ sein – er fühle sich an, wie ein „Wohnzimmer im Himmel“.
JetZero brachte im Jahr 2024 erfolgreich einen verkleinerten Prototyp namens Pathfinder in die Luft.
