Temu, Shein oder AliExpress: Bisher konnten Pakete im Warenwert von bis zu 150 Euro zollfrei nach Europa gelangen – das führt laut EU zu Verpackungsmüll und Betrug. Künftig soll daher auch eine Abgabe auf Billigimporte fällig werden.
Die EU erhöht im Kampf gegen unerwünschte Billigimporte die Importkosten. Das beschlossen die Finanzminister der Mitgliedsstaaten bei einem Treffen in Brüssel. Sie verständigten sich darauf, dass jedes Paket mit einem Warenwert von bis zu 150 Euro ab Juli 2026 mit einer Abgabe in Höhe von drei Euro belegt ist.
Die Vorgabe dürfte etwa Online-Händler wie Shein, Temu, AliExpress oder auch Amazon betreffen. Erhoben werden soll die Abgabe von den nationalen Zollbehörden. Bislang können Pakete mit einem Wert von bis zu 150 Euro zollfrei in die Staatengemeinschaft eingeführt werden.
Die neue Abgabe ist allerdings nur als Zwischenlösung geplant, denn künftig sollen alle in die EU importierten Waren ab dem ersten Euro zollpflichtig sein. Ob günstige Produkte dadurch teurer werden, ist noch unklar. Theoretisch könnten auch die Produzenten oder Importeure die Mehrkosten übernehmen.
Täglich kommen zwölf Millionen Pakete in der EU an
Der Online-Handel hat in den vergangenen Jahren zu einem exponentiellen Anstieg bei Lieferungen kleiner Warenpakete mit geringem Wert in die EU geführt. Laut EU-Kommission kamen 2024 täglich rund zwölf Millionen Pakete in der EU an – deutlich mehr als in den beiden Vorjahren.
DIe EU-Staaten hatten sich bereits im November darauf verständigt, die 150-Euro-Freigrenze abzuschaffen. Damit soll etwa sichergestellt werden, dass alle Händler – unabhängig von ihrem Standort – die gleichen Wettbewerbsbedingungen haben. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte zuletzt gesagt, man sehe derzeit einen systematischen Missbrauch der Freigrenze durch massenhafte Sendungen vor allem aus China. Dies müsse gestoppt werden.
Maßnahme gegen Betrug und Paketflut
Mit den neuen Vorgaben soll auch Betrug entgegengewirkt werden: Der Europäischen Kommission nach wird bei geschätzt 65 Prozent der in die EU geschickten Pakete bewusst ein zu niedriger Wert in der Zollanmeldung angegeben, um die Befreiung in Anspruch zu nehmen. Das wirkt sich der Behörde zufolge nachteilig auf EU-Unternehmen aus, die nicht mit den entsprechend niedrigeren Verkaufspreisen konkurrieren können – insbesondere kleine und mittlere Unternehmen.
Außerdem sei die Befreiung für Importeure ein Anreiz, größere Bestellungen beim Versand in die EU auf kleinere Pakete aufzuteilen, so die Kommission. Das trage weiter zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen bei und verursache darüber hinaus unter anderem Verpackungsmüll. Angesichts der rasant steigenden Zahl von Paketen aus Drittstaaten erwägt die EU-Kommission Berichten zufolge auch eine Pauschalabgabe von bis zu zwei Euro auf entsprechende Bestellungen.
Die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Ramona Pop, nannte die Maßnahmen der EU erste Schritte, um die Paketflut einzudämmen. „Außerdem müssen Online-Marktplätze grundsätzlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie unsichere oder gefährliche Produkte vertreiben“, forderte sie weiter.
Umstrittene Shoppingportale
Nach Angaben des Handelsverbandes Deutschland werden täglich etwa 400.000 Pakete von Shein und Temu an deutsche Kunden verschickt. Demnach kauften im vergangenen Jahr mehr als 14 Millionen Menschen hierzulande bei beiden Portalen ein. Laut einem Ranking des Handelsforschungsinstituts EHI war Shein 2024 bereits der siebtgrößte Onlineshop in Deutschland. Temu belegt bei den Marktplätzen den vierten Rang.
Das chinesische Unternehmen ist seit Frühjahr 2023 in Deutschland aktiv und sorgt immer wieder mit Minipreisen und hohen Rabatten für Aufsehen. Der in China gegründete und heute in Singapur ansässige Modekonzern Shein ist sowohl Hersteller, Händler als auch Marktplatz. Beide Anbieter sind umstritten. Politiker, Handelsvertreter und Verbraucherschützer monieren unter anderem Produktqualität, mangelnde Kontrollen und unfaire Wettbewerbsbedingungen.
