Deutschland und mehrere EU-Staaten wollen künftig dafür sorgen, dass eingefrorenes russisches Staatsvermögen an die Ukraine fließen kann. Ein wichtiger Baustein ist jetzt beschlossene Sache.
Wie kann eingefrorenes russisches Staatsvermögen für die Ukraine bereitgestellt werden? Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass eine rechtliche Grundlage per Mehrheitsentscheid geschaffen werden kann – und nicht, wie sonst auf EU-Ebene üblich, per Einstimmigkeit.
Genau hierauf haben sich Deutschland und andere EU-Staaten geeinigt, wie die dänische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Konkret soll in erster Linie verhindert werden, dass russlandfreundliche EU-Staaten wie etwa Ungarn mit einem Veto die Freigabe der eingefrorenen Mittel blockieren.
Derzeit sind die russischen Zentralbankgelder über EU-Sanktionsbeschlüsse eingefroren, die alle sechs Monate einstimmig verlängert werden müssen. Diese Regelung verhindert, dass die Mittel für langfristige Kredite an die Ukraine genutzt werden können, die nur dann an Russland zurückgezahlt werden müssen, wenn Russland seinerseits nach Kriegsende zu Reparationszahlungen bereit ist.
Mehrheitsbeschluss wegen „gravierender Wirtschaftsschwierigkeiten“
Um das russische Geld unbefristet festzusetzen, berufen sich Deutschland und die anderen EU-Staaten nun auf Artikel 122 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. In ihm ist festgelegt, dass bei gravierenden Wirtschaftsschwierigkeiten mit sogenannter qualifizierter Mehrheit angemessene Maßnahmen beschlossen werden können.
Dazu heißt es in dem Rechtstext unter anderem, Russlands Krieg gegen die Ukraine sorge weiter für schwere wirtschaftliche Herausforderungen. Die Übertragung von Mitteln nach Russland müsse mit höchster Dringlichkeit verhindert werden, um Schaden für die Wirtschaft der Union zu begrenzen. Die Verordnung soll nun noch vor einem EU-Gipfeltreffen in der kommenden Woche angenommen werden.
Belgien hat weiter rechtliche Bedenken
Spätestens bei dem Treffen hoffen Bundeskanzler Friedrich Merz und andere Befürworter des Plans auch, den belgischen Regierungschef Bart De Wever zu einer Zustimmung zu dem Plan für die Darlehen bewegen zu können. Ohne Belgien gilt die Umsetzung als äußerst schwierig, weil der mit Abstand größter Teil der russischen Mittel, die für die Ukraine genutzt werden sollen, von dem belgischen Unternehmen Euroclear verwaltet wird. Dabei geht es um etwa 185 der insgesamt 210 Milliarden Euro in der EU.
Die belgische Regierung blockiert den Plan bislang mit Verweis auf rechtliche und finanzielle Risiken. So sieht sie unter anderem die Gefahr, dass Russland Vergeltung gegen europäische Privatpersonen und Unternehmen übt und etwa Enteignungen in Russland vornimmt.
De Wever stellt drei Bedingungen
Als Voraussetzungen dafür, dass Belgien ungeachtet der Gefahren doch mitmacht, hatte De Wever zuletzt drei Bedingungen genannt: Es müsse garantiert sein, dass eine Vergemeinschaftung aller möglichen Risiken erfolgt. Außerdem müssten ab dem ersten Moment der Umsetzung des Plans ausreichend finanzielle Garantien bestehen, um potenziellen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.
Und de Wever fordert einen umfassenden Liquiditäts- und Risikoschutz für alle durch den Plan betroffene Bürger oder Unternehmen und eine Beteiligung aller anderen EU-Länder, in denen ebenfalls noch Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefrorenen wurden. Dazu zählen neben Deutschland nach Angaben der EU-Kommission Frankreich, Schweden und Zypern.
