Finanzminister Klingbeil will die umstrittene Riester-Rente mit einem „Altersvorsorgedepot“ ablösen. Das soll ohne starre Garantievorgaben, dafür mit viel Wahlfreiheit und einem Gebührendeckel daherkommen.
Ein Gesetzentwurf kann durchaus enthusiastisch klingen: „Kostengünstiger, renditestärker, unbürokratischer, flexibler, einfacher und transparenter“ als die Riester-Rente soll das neue Modell werden, außerdem attraktiver und weiter verbreitet. Bei der Reform der privaten Altersvorsorge legt das Finanzministerium die Latte hoch. Am 17. Dezember soll das Kabinett den Entwurf auf den Weg bringen.
Mit den 114 Seiten will Finanzminister Lars Klingbeil ein deutsches Problem lösen. In anderen Ländern gibt es längst die Möglichkeit, privat und staatlich gefördert in Aktien anzulegen. In Deutschland gibt es die Riester-Rente: detailverliebt, kompliziert und garantiebesessen. Die Riester-Rente existiert rund 25 Jahre, sie sollte den Deutschen die private Altersvorsorge schmackhaft machen. Doch das scheiterte: Die Zahl der Verträge ist seit 2018 rückläufig, geschätzt bis zu einem Viertel sind ruhend gestellt. Die Probleme: hohe Gebühren und wenig Rendite.
Standardprodukt mit gedeckelten Kosten
Das neue Modell soll nun die alten Fehler vermeiden. So müssen Anbieter in Zukunft ein Standardprodukt anbieten, das besonders einfach gestaltet und bei dem die Kosten auf 1,5% gedeckelt sein sollen. Abschlusskosten und Vertriebsgebühren sollen zudem künftig auf die ganze Vertragslaufzeit verteilt werden.
Für Anleger ein Vorteil: wechseln sie nach einigen Jahren den Anbieter, zahlen sie nur anteilige Abschlusskosten bis zum Moment des Wechsels – und nicht für die gesamte Laufzeit. In den ersten fünf Jahren sollen die Anbieter allerdings eine Wechselgebühr erheben dürfen.
Ein Wertpapierdepot ohne Garantien
Neu ist das Altersvorsorgedepot. Es ähnelt stark dem bereits von der vorherigen Ampel-Regierung angedachten Modell: Ein Wertpapier-Depot, in dem Anleger unter anderem in sogenannte ETF investieren können. Möglich werden sollen Anlagen in ETF bis zur Risikoklasse fünf von den insgesamt sieben Risikoklassen. Dabei bekommt der Anleger keinerlei Garantien, wieviel Geld sich am Ende der Laufzeit ergeben wird.
Daneben soll es zwei weitere sogenannte Garantieprodukte geben, bei denen der Anleger bei Vertragsabschluss feste Zusagen bekommt, wie viel Geld zu Beginn der Auszahlungsphase auf ihn wartet. Angedacht ist hier eine Garantiestufe mit 80 Prozent der eingezahlten Beiträge sowie eine weitere mit einer 100-prozentigen Garantie.
Zudem sollen nun auch langlaufende Auszahlungspläne ohne Restverrentung möglich werden. Auch sollen Anbieter ein reines Auszahlungsprodukt anbieten können. Für frustrierte Riester-Sparer könnten sich hier neue Möglichkeiten eröffnen: da leichte Wechsel möglich werden sollen, könnten sie ihr Vermögen womöglich in einen attraktiveren Auszahlplan verschieben. Das Altersvorsorgedepot soll ähnlich vom Staat gefördert werden wie bisher schon die Riester-Rente. Man zahlt zudem erstmal keine Steuern auf das eingezahlte Geld, muss aber später die Rente versteuern.
Geplanter Start im Jahr 2027
Zusammen mit dem Gesetzentwurf hat das Finanzministerium die Eckpunkte für die Frühstart-Rente vorgelegt. Dabei spart der Staat für Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren zehn Euro pro Monat in einem individuellen Altersvorsorgedepot. Das Frühstart-Depot soll mit der Volljährigkeit automatisch in ein Altersvorsorge-Depot überführt werden.
Geplant ist auch eine Lösung für Kinder, deren Eltern kein Depot für sie eröffnen. Sie bekommen einen Anteil an einer kollektiven Anlage, der später inklusive Rendite in ein individuelles Depot übertragen werden kann. Die Frühstart-Rente bekommt zunächst nur der Jahrgang 2020. Dann soll jedes Jahr ein weiterer Jahrgang hinzukommen, bis schließlich alle 6- bis 18-Jährigen die Förderung erhalten. Die Jahrgänge 2019 und älter gehen voraussichtlich leer aus.
Damit genug Vorlauf für die Vorbereitung ist, soll die neue private Altersvorsorge am 1. Januar 2027 an den Start gehen. Die Frühstart-Rente soll zeitgleich beginnen, die Auszahlungen für den Geburtsjahrgang 2020 rückwirkend zum 1. Januar 2026 erfolgen.

