Karsten Wildberger baut das neue Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung auf. Ein Budget hat er noch nicht. Doch selbst wenn er Geld hätte, will der neue Minister eines nicht mehr kaufen: ein Faxgerät. Allerdings werden auch E-Mails derzeit nicht zuverlässig beantwortet.
Ein Ministerium als Start-up – das ist die Erzählung, mit der Karsten Wildberger, neuer Bundesminister für Digitalisierung, in Berlin auftreten wird. Der bisherige Manager ist als Sprecher auf der Digitalkonferenz Republica angekündigt. Zumindest dem Titel nach passt Wildbergers Thema perfekt in dieses jährliche Treffen von Leuten, die irgendwas mit Digitalisierung, Internet oder Medien machen – oder alles zusammen.
Tatsächlich steckt seine Behörde in einem nicht ganz einfachen Gründungsprozess. Ein Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung gab es bisher nicht in der Bundesrepublik. Wildberger, 55 Jahre alt und zuletzt Chef der Elektronikkette MediaMarktSaturn, soll mit seinen Beamten einen neuen bürokratischen Apparat aufbauen – um damit Bürokratie abzubauen. Zumindest auf symbolischer Ebene will man naheliegende Fehler vermeiden: „Wir haben keine Faxgeräte und wir haben auch nicht vor, welche anzuschaffen“, sagt ein Sprecher des Ministeriums gegenüber WELT AM SONNTAG.
Das Fax wird in Deutschland gern als Sinnbild für den rückständigen Staat und verpasste Digitalisierung angeführt. Insbesondere in der Corona-Pandemie zeigten sich an den Geräten die oft veralteten Prozesse und Strukturen in der Verwaltung, weil die Gesundheitsämter Infektionszahlen einzeln per Fax verschicken mussten. „Die Faxgeräte in unserem Land müssen entsorgt werden“, forderte SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil daher gleich bei der Vorstellung des neuen Koalitionsvertrags.
Dabei will das Digitalministerium natürlich vorangehen. Statt Faxe zu verschicken, plant man, die gerade gestartete „Deutsche Verwaltungscloud“ auszubauen und die „EUDI-Wallet“ – eine Ausweis-App für alle Bürger – auf den Weg zu bringen.
Die meisten Aufgaben sind nicht neu. So basiert der Wallet-Plan auf einer EU-Vorgabe, die andere Länder schon in diesem Jahr umsetzen wollen. Außerdem erbt Wildberger die Verantwortung für den Ausbau der Mobilfunk- und Glasfasernetze, also den mühsamen Kampf gegen die „weißen Flecken“ beim Internetempfang. Teilweise bekommt er die Aufsicht über Behörden wie das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund), das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die Bundesnetzagentur (BNetzA). Aber nicht komplett.
Zusammengesetzt wird das Haus aus Zuständigkeiten, die bisher auf insgesamt fünf Ministerien und das Bundeskanzleramt verteilt waren. Das macht die Aufgabe deutlich komplexer als die Gründung des Ministeriums für Bauen und Wohnen zu Beginn der Ampel-Regierung Ende 2021. Die damalige Ministerin Klara Geywitz übernahm bestehende Abteilungen aus dem Bundesinnenministerium. Trotzdem lief der Aufbau nicht im Start-up-Tempo ab. Die Unionsfraktion im Bundestag, damals in der Opposition, kritisierte neun Monate nach Gründung, das Ministerium befinde sich „noch immer in der Orientierungsphase“.
Nun muss Minister Wildberger in der CDU-geführten Regierung unter Beweis stellen, dass er es besser kann. Das Gros seiner Beamten kommt aus dem Innenministerium und dem bisherigen Ministerium für Digitalisierung und Verkehr. Zusätzlich sollen neue Bereiche entstehen für die „Staatsmodernisierung“ – eine Aufgabe, die es im Bundeskabinett in dieser Form bisher nicht gab.
Dafür wird der gerade in die CDU eingetretene Wildberger noch weitere Beamte brauchen. „Das Interesse, für das BMDS zu arbeiten, ist groß. Wir haben allein in den ersten Tagen mehr als 500 Initiativbewerbungen erhalten, darunter viele aus anderen Ressorts“, sagt der Sprecher des Ministeriums. In dieser Woche haben sich die Mitarbeiter erstmals zu einer Personalversammlung getroffen – im Futurium, einer Art Zukunfts-Museum im Berliner Regierungsviertel.
Ein Gebäude, in das alle Digitalbeamten passen würden, hat das Ministerium bisher noch nicht. Es hat auch noch kein eigenes Budget. Da sich die Ampel-Regierung im vergangenen Jahr nicht mehr auf einen Haushalt für 2025 einigen konnte, unterliegen die Ministerien der sogenannten vorläufigen Haushaltsführung. Formal sind die Mitarbeiter in Wildbergers Bundes-Start-up noch in ihren ursprünglichen Ministerien beschäftigt und an ihn ausgeliehen. Eine Schlüsselfigur beim Aufbau der neuen Organisation ist Staatssekretär Markus Richter, der aus dem Innenministerium kommt. Er war dort in den vergangenen fünf Jahren Staatssekretär und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik.
Der Minister und sein Führungsstab im Aufbau haben Büros in einem Gebäude des Innenministeriums in Berlin-Charlottenburg bezogen. Doch die Adresse hat sich offenbar noch nicht herumgesprochen. Als die EU-Kommissarin für Start-ups, Forschung und Innovation, Ekaterina Zaharieva, in dieser Woche in Berlin war, hätte sie neben anderen Regierungsmitgliedern auch gern Wildberger getroffen. Nur hatte niemand in ihrem Stab die passende Telefonnummer. Im Ministerium jedenfalls kam keine Anfrage der Kommissarin an.
Daniel Zwick ist Redakteur für Wirtschaftspolitik.